von Falko Looff
Am vergangenen Samstag demonstrierten in Berlin Menschen aus allen Schichten für Freiheit und gegen die Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie. Die lange angemeldete Demonstration war noch kurz zuvor von Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) verboten worden. Erst zwei Gerichtsentscheidungen sorgten in letzter Sekunde doch noch für die Genehmigung.
Dennoch scheinen sich die Mainstream-Medien nicht für eine realitätsnahe und der Bedeutung dieses Protests angemessene Berichterstattung zu interessieren. Die Größenordnung der Demonstration wird heruntergespielt, die bunte Zusammensetzung durch die Suggestion einer rechtsextremen Vereinnahmung diffamiert. Durch Weglassen oder sprachliche Verkürzungen werden einmal mehr wesentliche Informationen unterschlagen oder in verzerrende Zusammenhänge gepackt. Der Name "Kennedy" fehlt in der öffentlich-rechtlichen "Berichterstattung" völlig. Das neue mediale Mainstream-Narrativ lautet stattdessen, Rechtsextreme hätten den Bundestag "stürmen" und die Demokratie beseitigen wollen.
Wer aber vor Ort gewesen ist, konnte erleben, wie es war. Die Diskrepanz zur offiziellen "Berichterstattung" dürfte zusammengefasst besonders folgende fünf Punkte betreffen:
1. Die Anzahl der Teilnehmer
Nach rbb-Informationen wird die Zahl der Demonstranten von den Behörden auf insgesamt 38.000 geschätzt. Bei der Kundgebung am Großen Stern seien 30.000 Menschen gewesen. Diese Zahlen spotten jeder Beschreibung. Die Straßen rund um den Großen Stern und insbesondere die Straße des 17. Juni – das gesamte Areal – waren voller Menschen. Zahlreiche Teilnehmer sind zudem in den anliegenden Tiergarten ausgewichen, der nicht minder frequentiert war. Die Menschen wurden von der Versammlungsleitung immer wieder aufgefordert, sich zu verteilen, um dem Abstandsgebot Genüge zu tun. Dadurch wurde der zeitliche Ablauf des Bühnenprogramms regelmäßig verzögert. Bei lediglich 30.000 Teilnehmern hätte dies jedoch weder organisatorisch noch zeitlich einen vergleichbaren Aufwand bedeutet.
Auch ein Blick auf ähnlich große Demonstrationen hilft weiter. Bei der Demonstration gegen Bushs Irakkrieg 2003 oder bei der "Unteilbar"-Demonstration 2018 – beide fanden am selben Ort wie die vom Wochenende statt – sprachen Mainstream-Medien jeweils von mehreren Hunderttausend Teilnehmern. Auch ohne jeden Einzelnen gezählt zu haben, wird bereits rein optisch schnell klar, dass es sich hier um eine ähnliche Größenordnung gehandelt haben muss. Die offiziellen Zahlen erscheinen vor diesem Hintergrund völlig absurd und dürften getrost als – vorsichtig ausgedrückt – unzutreffend bezeichnet werden.
2. Die Zusammensetzung der Teilnehmer
Mainstream-Medien arbeiten hier mit manipulativer Sprache. Zwar wird erwähnt, dass es sich insgesamt um einen bunt zusammengesetzten Teilnehmerkreis handelte. Jedoch geschieht dies in der Regel erst, nachdem auf Rechtsextreme, Reichsbürger usw. rekurriert wurde. Damit wird unterschwellig suggeriert, dass jene eine maßgebliche Rolle gespielt hätten, und der Demonstration zudem ein "Schmuddel-Image" verpasst.
Tatsache war dagegen, dass es sich bei den Teilnehmern eher um einen "bunten Haufen" handelte. Sehr unterschiedliche Fahnen und Symbole waren zu sehen – auch rechte, ja, doch waren diese eher eine Randerscheinung. Keineswegs konnte man den Eindruck gewinnen, dass Rechtsextremisten das Demogeschehen in irgendeiner Form bestimmt hätten.
Darüber hinaus hatten sich die Organisatoren gleich zu Beginn der Kundgebung auch noch einmal ganz explizit von "Rechtsextremismus und Linksextremismus" abgegrenzt und erhielten dafür lautstarken Beifall. Mainstream-Medien "vergessen" in der Regel, dies zu berichten. Doch vielleicht hörten sie ja an dieser Stelle einfach nicht so genau zu und verpassten dies daher.
Die ganze Veranstaltung war ansonsten von einer Art Volksfeststimmung geprägt. Es waren Menschen nahezu jeden Alters zugegen, Familien mit Kindern, Rollstuhlfahrer – kurz: die Mitte der Gesellschaft.
3. Kennedy sprach!
Von öffentlich-rechtlichen Medien gänzlich verschwiegen wurde der "Starredner" der Veranstaltung. Es handelte sich dabei um niemand Geringeren als den Sohn des ermordeten US-Justizministers Robert F. Kennedy und Neffen des – ebenfalls ermordeten – früheren US-Präsidenten John F. Kennedy. Die Rede Kennedys wurde von den Zuhörern mit tosendem Beifall quittiert. Auch an dieser Stelle scheinen die "Qualitätsmedien" wohl gerade nicht zugegen gewesen sein.
Kennedy sprach unter anderem darüber, wie groß mittlerweile die Gefahr eines neuen Meinungs-Totalitarismus ist. Auch zahlreiche andere Redner sprachen – beispielsweise ein Vertreter der Initiative "Ärzte für Aufklärung". Die Organisation bezeichnet die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie als "unverhältnismäßig und schädlich für die Bevölkerung". Auch ein Kommunalpolitiker der Grünen hatte gesprochen und die Ignoranz seiner Partei gegenüber Fakten in Sachen Corona scharf kritisiert. Ihm droht jetzt der Parteiausschluss.
4. Die Gegendemos – welche Gegendemos?
Der Konsument öffentlich-rechtlicher Medien konnte ganz zu Anfang der Berichterstattung den Eindruck gewinnen, es habe hier eine Art große Gegenbewegung "braver Bürger" gegen die "Schmuddel-Demo" der Kritiker der Corona-Politik gegeben. Dabei handelt sich aber lediglich um ein weiteres Beispiel manipulativer Berichterstattung. Zwar wurde an dieser Stelle nicht offen gelogen, denn es gab sie durchaus, die Gegendemonstrationen.
Jedoch wurde hier ein Größen- und damit Bedeutungsverhältnis suggeriert, das so zu keinem Zeitpunkt vorlag. Rein mengenmäßig dürfte die Zahl der Gegendemonstranten insgesamt bestenfalls im niedrigen vierstelligen Bereich gelegen haben. Trotzdem erhielten diese zunächst in nahezu gleichen Zeitanteilen mainstream-mediale Abdeckung wie die "große" Demo. Es wurden Menschen mit "demokratischer" Gesinnung gezeigt und gehört, die man "schrulligen" Interviewgästen von der Demo gegen die Corona-Maßnahmen entgegenstellte.
Dies änderte sich bemerkenswerterweise in genau dem Moment, als das "Reichstagsthema" aufkam. Dieses ist seither für Mainstream-Medien sehr viel spannender. Der Demoteilnehmer vom Großen Stern, dem Tiergarten oder der Straße des 17. Juni hat ohnehin sicher nirgendwo Gegendemos gesehen.
5. Zu guter Letzt: Der "Sturm auf den Reichstag"
Eine Absperrung niederzureißen und die Treppen des Reichstags hinaufzueilen, war zweifelsohne nicht nur großer Unfug, sondern auch – wie man so sagt – nicht hilfreich. Die meisten Demonstrationsteilnehmer – so um die 99 Prozent in etwa – dürften von diesem Ereignis jedoch überhaupt nichts mitbekommen haben. Sie waren nämlich zu diesem Zeitpunkt schon auf dem Weg nach Hause, da dies überhaupt erst zu etwas vorgerückter Stunde geschah.
Vor allem aber distanzierten sich die Organisatoren der Kundgebung am Großen Stern (für Nicht-Berliner: das ist nicht in unmittelbarer Nähe zum Reichstagsgebäude) klar von dieser Aktion. So äußerte Michael Ballweg, Kopf der Initiative Querdenken, etwa gegenüber der Welt:
Die haben mit unserer Bewegung nichts zu tun.
Querdenken sei eine friedliche und demokratische Bewegung, Gewalt habe da keinen Platz. Dies passt jedenfalls zu den Äußerungen und Abgrenzungen, die zuvor und für alle hörbar (außer für die Mainstream-Medien) auf der Kundgebungsbühne gemacht wurden. Auf der Bundespressekonferenz erklärte heute zudem ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Nachfrage von RT, dass man "nicht klar benennen" könne, ob es sich bei der Reichstagsaktion nicht um eine "andere Demonstration" gehandelt habe.
Seitdem wird kräftig aufbauscht. Man muss die Reichstagsaktivisten wahrlich nicht in Schutz nehmen – vor allem deswegen, da sie dem Ansinnen dieses überwältigenden Protestschreis schadeten. Doch randaliert haben sie auch nicht. Und es war ganz sicher kein versuchter Staatsstreich. Und ob – im Falle des Falles – drei Polizisten ein "Stürmen" wirklich hätten verhindern können, darf schon noch einmal hinterfragt werden. Dass sie jetzt das Bundesverdienstkreuz erhalten sollen, wirkt da eher etwas peinlich.
Aber was soll's. Man stelle sich einmal vor, es hätte dieses Ereignis nicht gegeben. Worüber hätten die Mainstream-Medien dann bloß berichtet? Über friedliche Demonstranten? Über einen gescheiterten Innensenator? Über den wachsenden Unmut der Mitte der Gesellschaft? Über Kennedy? Eines Tages werden sie das müssen. Fürs Erste aber war das an diesem Wochenende ein kraftvolles Signal.
RT Deutsch bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.
Mehr zum Thema - Nicht nur Berlin: Bilder von Demonstrationen in London, Paris und Zürich