Googles Bermudadreieck: "Steuervermeidung" auf milliardenschwere Gewinne

Bermuda ist nicht nur für das mysteriöse Verschwinden von Schiffen in seiner Meeresregion bekannt – sondern auch als eines von vielen "Steuerparadiesen", in denen gewaltige Summen dem Zugriff nationaler Steuerbehörden entzogen werden. Jüngster Fall: Google.

Der US-Technologie-Riese Google hat 2017 rund 23 Milliarden US-Dollar an Gewinnen in ein Steuerparadies auf den Bermudas verschoben, was einem Anstieg von vier Milliarden US-Dollar gegenüber 2016 entspricht, wie neu veröffentlichte Dokumente zeigen. Google nutzt seit Jahren eine Lücke im Steuerwesen der Europäischen Union. Der Konzern bedient sich dafür einer niederländischen Briefkastenfirma namens Google Netherlands Holdings BV, worüber er Milliarden von US-Dollar an seine andere Tochtergesellschaft Google Ireland Holdings mit Sitz auf den Bermudas verlagert, um die viel höheren Besteuerungen in den USA und der EU zu umgehen.

Aus den von Google bei der niederländischen Handelskammer am 21. Dezember eingereichten Dokumenten geht hervor, dass das zu Googles Mutterkonzern Alphabet gehörende Unternehmen 22,7 Milliarden US-Dollar über sein niederländisches Unternehmen und von diesem weiter zu einem berüchtigten Offshore-System geleitet hat. Dieselben Dokumente zeigen, dass Google in diesem Jahr in den Niederlanden etwa 3,4 Millionen US-Dollar an Steuern gezahlt hat. Das bei vielen internationalen Technologiekonzernen wie Apple und Microsoft beliebte System ist als "Double Irish with A Dutch Sandwich" bekannt und umfasst typischerweise zwei irische Unternehmen und eines mit Sitz in den Niederlanden.

Durch die Nutzung des niedrigen irischen Körperschaftsteuersatzes (nur 12,5 Prozent gegenüber 21 Prozent in den USA) wird ein großer Teil der Gewinne von Google an eine irische Tochtergesellschaft als Lizenzgebühren übertragen und dann an eine niederländische Tochtergesellschaft weitergeleitet. Die Mittel gehen dann an ein zweites irisches Unternehmen, ein "Shell" [eine "Hülle"], das Steuern auf den Bermudas zahlt, die keinen Körperschaftsteuersatz haben. Das Schema hat es Google ermöglicht, seine ausländischen Steuern auf Gewinne um Milliardenbeträge zu reduzieren, da es mittlerweile seit mehr als einem Jahrzehnt Gewinne ins Ausland umleitet.

Die Steuervermeidungsstrategie von Google und anderen Technologieunternehmen ist zwar technisch legal, doch sie hat lange Zeit Ärger bei den Gesetzgebern der USA und der EU hervorgerufen, die Irland schließlich unter Druck setzten, die umstrittene Regelung ab 2015 abzuschaffen. Allerdings erhielten große Technologieunternehmen, darunter auch Google, eine Übergangsfrist bis Januar 2020, um sich auf einen reibungslosen Ausstieg vorzubereiten.

Google hat Kritik an dieser Praxis in einer Erklärung am 3. Januar zurückgewiesen und besteht darauf, dass diese Art und Weise, mit seinen Finanzen umzugehen, gesetzeskonform und damit völlig normal ist.

Wir zahlen alle fälligen Steuern und halten uns an die Steuergesetze in jedem Land, in dem wir weltweit tätig sind", hieß es seitens des Unternehmens, das zudem erklärte, dass es "in den letzten zehn Jahren einen globalen effektiven Steuersatz von 26 Prozent gezahlt hat".

Dem Unternehmen mit dem Motto "Do the right thing" (Alphabet) – vormals "Don't be evil" (Google) – als Verhaltenskodex scheint es fernzuliegen, für die umfassende Nutzung des Systems um Entschuldigung zu bitten.

Im Jahr 2012 sagte der damalige Google-Chef Eric Schmidt, er ist "sehr stolz" auf den Steuerumgehungsmechanismus des Unternehmens. Das Unternehmen habe einfach die Anreize verschiedener Regierungen gut genutzt.

Das nennt sich Kapitalismus. Wir sind stolz auf unseren Kapitalismus. Ich bin darüber nicht irritiert", erklärte Schmidt seinerzeit.

Staaten wie Großbritannien und Frankreich, denen es aufgrund des Schlupflochs an Steuereinnahmen in Millionenhöhe mangelt, haben das System mit einem weitreichenden Vorgehen gegen die steuervermeidenden großen Tech-Konzerne in Frage gestellt.

Im Jahr 2020 will das Vereinigte Königreich eine sogenannte "Google-Steuer" einführen. Der britische Finanzminister Philip Hammond kündigte im Oktober an, dass mit der Digital Services Tax (DST) eine zweiprozentige Abgabe auf Einnahmen aus den Aktivitäten der britischen Nutzer von Suchmaschinen, sozialen Netzwerken und Online-Plattformen erhoben wird.

Frankreich treibt eine EU-weite Steuer ähnlicher Art voran, während es dabei auf den vorhersehbaren Widerstand Irlands und mehrerer anderer EU-Mitgliedsstaaten stößt. Das Land hat im Januar eine eigene "GAFA-Steuer" eingeführt, die nach Google, Apple, Facebook und Amazon benannt ist, um darüber 500 Millionen Euro (572 Millionen US-Dollar) für seinen Haushalt einzunehmen.

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