Blowback Skandal in Großbritannien: Royal Navy evakuierte Attentäter von Manchester zuvor aus Libyen

Immer wieder schaute Großbritannien weg, als sich Briten 2011 dem NATO-Krieg gegen Libyen anschlossen und dort bei islamistischen Milizen unterkamen. Kehren solche Männer zurück, werden sie oft zur Gefahr, auch im Fall von Salman Abedi, dem "Bomber von Manchester".

Als sich die NATO auf den Krieg zum Sturz von Muammar al-Gaddafi vorbereitete, beteiligten sich auch viele Exil-Libyer aus den angreifenden Staaten, so auch aus Großbritannien. In Manchester leben die meisten der libyschen Exilanten, und viele von ihnen wurden mit der Zeit zu britischen Staatsbürgern. Bei den Vorbereitungen auf den Angriff schaute die britische Regierung weg, als sich nicht wenige Bürger auf den Weg nach Libyen machten, um alte Rechnungen mit dem Colonel zu begleichen. Darunter waren selbst Männer, die schon zuvor vom britischen Inlandsgeheimdienst MI5 beobachtet wurden, nämöich aufgrund ihner Nähe zu islamistischen Gruppierungen.

Unter diesen libyschen Briten, die 2011 nach Libyen gingen, waren auch Ramadan Abedi und seine beiden Söhne Salman und Haschim, damals 17 und 14 Jahre jung. Vater Ramadan schloss sich der Brigade "Märtyrer des 17. Februar" an und blieb nach dem Sturz von Gaddafi auch in Tripolis. Seine Söhne kehrten zwar nach England zurück, reisten aber immer wieder auch nach Libyen.

Schedule 7-Programm des britischen Geheimdienstes wusste über die britischen Kämpfer Bescheid

Für den britischen Geheimdienst waren die Söhne keine Unbekannte, die gemäß dem „Schedule 7“-Programm des Inlandgeheimdienstes MI5 immer wieder nach ihrer Rückkehr befragt wurden. Verstörende Aussagen zu diesem Programm gab es allerdings von einem weiteren britischen Staatsbürger, der in Libyen kämpfte. Belal Younis sagte in einem Interview, dass er von einem MI5-Agenten am Flughafen Heathrow befragt wurde, ob er "in die Schlacht" gehen wolle, und meinte dann:

Während ich Zeit gewinnen wollte, um darauf eine Antwort zu finden, drehte er sich (zu mir) und sagte mir, dass die britische Regierung kein Problem mit Leuten hat, die gegen Gaddafi kämpfen.

Younis bestätigte auch, dass die Regierung in London ganz genau wusste, wohin diese Exil-Libyer gingen, was sie in ihrem alten Heimatland taten und dass "die Regierung den Leuten keine Steine in den Weg legte, die nach Libyen gingen".

Dass sich aber auch einige dieser Kämpfer nicht nur dem Kampf gegen den libyschen Machthaber, sondern auch als Dschihadisten deren extremistischer Ideologie verschrieben haben, wurde ganz offensichtlich billigend in Kauf genommen. Die in dieser Zeit zuständige Innenministerin Amber Rudd bestätigte sogar, dass die Abedis den britischen Sicherheitsdiensten bekannt waren.

Rudd stolperte über die Affäre um die Deportation von "illegalen Migranten" und trat am 28. April 2018 zurück.

Der ehemalige Scotland Yard-Agent mit Zuständigkeit für die Antiterrorbekämpfung, Charles Shoebridge, meinte dazu, dass Großbritannien

… bei den Reisen seiner Dschihadisten nach Syrien (und Libyen/Anm.) beide Augen zudrückte, trotz der im Überfluss vorhandenen Videobeweise von ihren Verbrechen dort. Obwohl dieser Überseeterrorismus seit 2006 in Großbritannien illegal ist, ist es bemerkenswert, dass erst gegen Ende 2013 - als sich ISIS gegen die vom Westen bevorzugten Rebellen wandte - und vielleicht auch erst als die Wegscheide zwischen der Nützlichkeit der Außenpolitik und der Angst des MI5 vor einheimischen terroristischem "Blowback" erreicht wurde, die britischen Behörden damit anfingen, ernsthafte Schritte gegen den Rückkehrstrom von britischen Dschihadisten zu unternehmen.

Dieses Vorhaben ist allerdings gründlich gescheitert. Denn obwohl den Behörden in London die Männer der Familie Abedi bekannt waren und sie wussten, dass sie sich am verbotenen "Übersee-Terrorismus" beteiligt hatten, kam jetzt heraus, dass beide Brüder im Jahr 2014 sogar durch die Royal Navy aus Libyen evakuiert wurden. Ihre Namen standen auf der Liste der zu evakuierenden britischen Staatsbürger aus Tripolis, als dort Kämpfe zwischen rivalisierenden Clans und Milizen ausbrachen. Knapp drei Jahre später, am 22. Mai 2017, sprengte sich Salman Abedi in Manchester bei einem Konzert von Ariana Grande in die Luft und riss dabei 22 Menschen mit in den Tod.  Sein Bruder und Vater wurden erst danach in Tripolis aufgrund ihrer möglichen Kontakte zum IS verhaftet.