Bericht: US-Vizepräsidentin warnt vor Angriffen auf russische Ölanlagen – Selenskij ist irritiert

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat die US-Vizepräsidentin Kamala Harris den Präsidenten der Ukraine vor Attacken auf Ölraffinerien in Russland gewarnt, heißt es in einem Bericht der Washington Post. Selenskij wies die Warnung irritiert ab und setzte seine Strategie fort.

Die Zeitung Washington Post (WP) hat am Montag Einzelheiten eines Treffens zwischen der US-Vizepräsidentin Kamala Harris und dem Präsidenten der Ukraine Wladimir Selenskij bekannt gegeben. Laut dem Bericht seien die beiden Ende Februar am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz zusammengekommen. Die zweithöchste US-amerikanische Amtsträgerin habe dabei den ukrainischen Staatspräsidenten gebeten, die ukrainischen Angriffe auf russische Ölraffinerien zu stoppen. In Washington, D.C. befürchte man, dass solche Attacken weltweit die Energiepreise in die Höhe treiben und außerdem auch aggressivere Vergeltungsmaßnahmen vonseiten Russlands hervorrufen könnten.

Laut den vertraulichen Quellen der WP sollen sich Selenskij und seine engsten Berater von dem Ratschlag irritiert gezeigt und diesen auch verbal zurückgewiesen haben. Dabei sei sich der ukrainische Präsident nicht darüber im Klaren gewesen sein, ob Harris damit die Meinung der gesamten Biden-Regierung mitgeteilt hatte. In den Wochen danach habe man aus Washington auf diesen Warnungen beharrt, beispielsweise durch den Auftritt des Nationalen Sicherheitsberaters Jake Sullivan, der im März nach Kiew gereist war, sowie durch andere hochrangige US-Beamte aus den Verteidigungs- und Sicherheitskreisen.

Statt der Bitte aus Washington zu folgen, habe Kiew die frühere Strategie weiterhin intensiviert, betont die WP. Unter anderem habe die Ukraine am 2. April eine der größten Ölraffinerien Russlands getroffen, die mehr als 1.200 Kilometer entfernt von der Frontlinie in der Teilrepublik Tatarstan liegt. Kiews Anschläge hätten seine Spannungen mit den USA weiterhin verschärft. Auch sei der militärische Nutzen der Attacken nach Ansicht von US-Beamten fraglich. Dadurch werden Russland nur geringe Schäden zugefügt, weil die Ölraffinerien nicht komplett zerstört würden. Die getroffenen Anlagen würden nach wenigen Wochen wieder in Betrieb genommen.

Russland erwidere jedoch mit massiven Angriffen auf Objekte der ukrainischen Energieinfrastruktur, erinnert die WP. Im Ergebnis einer solchen Attacke wurde jüngst das leistungsstärkste Kohlekraftwerk von Tripolje bei Kiew vollständig zerstört. Kurz zuvor hatte das russische Militär das Wasserkraftwerk und den Staudamm am Dnjepr beschädigt.

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