Politischer Rivale von Selenskij unter Hochverratsverdacht

Der ukrainische Abgeordnete Nestor Schufritsch wird vom Inlandsgeheimdienst SBU des Hochverrats verdächtigt. Sein Haus wurde am 15. September durchsucht. Schufritsch war einst Mitstreiter von Wiktor Medwedtschuk, dessen Partei in der Ukraine verboten wurde.

Der Inlandsgeheimdienst der Ukraine SBU hat das Haus des oppositionellen Abgeordneten Nestor Schufritsch am Morgen des 15. September durchsucht. Der Abgeordnete wird des Hochverrats beschuldigt. Den Journalisten wurden Beweise "des Verrats" vorgeführt, darunter sowjetische Auszeichnungen, Orden und Militärröcke sowie Pläne für die Autonomie des Donbass aus dem Jahr 2014. Der SBU berichtete:

"Er verbreitete systematisch die Narrative des Kremls, dass der ukrainische Staat angeblich ein künstliches Gebilde sei, dass die Ukraine und Russland eine gemeinsame Geschichte hätten und dass Ukrainer und Russen angeblich ein Volk seien. Auf diese Weise versuchte Schufritsch, in der ukrainischen Gesellschaft prorussische Gefühle zu wecken."

Ukrainische Medien teilten mit, dass der Politiker für 60 Tage ohne die Möglichkeit einer Kaution in Untersuchungshaft genommen worden sein soll.

Im Internet wurden bereits Fotos des oben erwähnten Entwurfs des Projekts zur Gewährung von Autonomie für den Donbass veröffentlicht. Der ehemalige Chef der in der Ukraine inzwischen verbotenen Partei "Oppositionsplattform – Für das Leben", Wiktor Medwedtschuk, erklärte wiederum, seine Partei, von der Schufritsch zum Abgeordneten gewählt wurde, habe seit 2014 an einem Plan für eine Lösung im Donbass gearbeitet:

"Dieses Dokument war von mir auf Ersuchen der OSZE-Vertreterin in der Trilateralen Kontaktgruppe, Heidi Tagliavini, erstellt worden, um einen Plan zur Beilegung der Situation im Donbass zu entwickeln."

Medwedtschuk, der von Russland nach seiner Festnahme in der Ukraine ausgetauscht wurde, fügte hinzu:

"Leider haben internationale Organisationen, die ukrainische Regierung und ihre US-amerikanischen Schirmherren meine Vorschläge ignoriert und den Krieg in unser Land gebracht."

Einige Experten vermuten jedoch, dass Schufritsch nicht wegen seiner "prorussischen Ansichten" festgenommen wurde. Es werden zwei weitere mögliche Gründe genannt. Erstens ist er Leiter des Ausschusses der Werchowna Rada für den Schutz der Meinungsfreiheit – eine sehr medienwirksame Position. Eine Anschuldigung wegen Verrats würde zu seiner Entlassung führen. Und für Selenskij sei wichtig, dass dieser politisch bedeutsame Ausschuss von einem Abgeordneten seiner Partei geleitet werde, so die Argumentation.

Zweitens herrscht in der Ukraine eine starke Umverteilung des Eigentums, und Schufritsch ist ein gewichtiger Geschäftsmann. Artikel 111 des Strafgesetzbuchs der Ukraine (Staatsverrat) sieht wiederum unter anderem die Beschlagnahme von Eigentum vor.

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