Die Mitglieder der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) sind derzeit nicht bereit für eine umfassende Intervention in Niger, wo unlängst ein Militärputsch stattgefunden hatte, berichtete das Wall Street Journal (WSJ) am Sonntag unter Berufung auf ungenannte Quellen.
Kürzlich stellte die ECOWAS als regionales Bündnis in Westafrika, dem 15 Länder angehören, ein sieben Tage laufendes Ultimatum, mit dem sie der Putsch-Regierung in Niger mit militärischen Gegenmaßnahmen drohte, falls sie den abgesetzten nigrischen Präsidenten Mohamed Bazoum nicht wieder einsetzen würden. Die neuen Machthaber Nigers weigerten sich jedoch nachzugeben.
Die Frist des Ultimatums lief am Sonntag ab, ohne dass es Anzeichen für ein bewaffnetes Eingreifen oder auch nur eine Mobilisierung in den an Niger angrenzenden Ländern gegeben hatte.
In einem Gespräch mit dem WSJ signalisierte ein nicht namentlich genannter hochrangiger Kommandeur aus einem der ECOWAS-Mitgliedsländer, dass dieser Block derzeit noch nicht auf eine groß angelegte Operation vorbereitet sei. "Im Moment müssen wir die Stärke unserer Einheiten aufbauen, bevor wir an einer solchen Militäraktion teilnehmen können", sagte er und fügte hinzu, dass der Erfolg von einer guten Vorbereitung abhänge.
Die Verzögerung kam auch deshalb zustande, weil die ECOWAS-Mitgliedsländer Burkina Faso und Mali davor gewarnt hatten, dass eine militärische Intervention in Niger "einer Kriegserklärung" auch gegen sie gleichkäme.
Der Staatsstreich in Niger fand am 26. Juli statt, als die Präsidentengarde Bazoum und seine Familie festnahm, was international eine Verurteilung durch eine Reihe von Ländern zu Folge hatte. In der Zwischenzeit erklärte Oberst Amadou Abdramane als Sprecher der Putschisten, die die Macht übernommen hat, der Staatsstreich habe darauf abgezielt, "dem Regime ein Ende zu setzen, das Sie aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage und der schlechten Regierungsführung kennen". Die Übergangsregierung der Putschisten wird nun von dem nigrischen General Abdourahamane Tchiani geleitet, der seit 2011 Chef der Präsidentengarde war.
Vor diesem Hintergrund erklärte der zitierte Kommandeur gegenüber dem WSJ, dass die ECOWAS die Putschregierung in Niger weiterhin mit Wirtschaftssanktionen unter Druck setzen und gleichzeitig versuchen werde, das Handelsembargo auszuweiten, indem sie andere internationale Gremien – wie die Afrikanische Union – auffordert, sich den Beschränkungen anzuschließen.
Angesichts der zunehmenden regionalen Spannungen schworen die Putschisten hingegen, sich gegen jede mögliche Intervention "zur Wehr zu setzen" und den Luftraum des Landes "bis auf Weiteres" zu schließen, und versprachen, dass jede Verletzung dessen mit einer "energischen und sofortigen Reaktion" beantwortet würde.
Auch das deutsche Auswärtige Amt hat sich mittlerweile zu Wort gemeldet und mit Konsequenzen gedroht, sollte es zu Gewaltakten gegen den festgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum kommen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte in Berlin:
"Und deshalb möchte ich an dieser Stelle noch einmal unsere Botschaft an die Putschisten unterstreichen, dass sie mit scharfen persönlichen Konsequenzen rechnen müssen, sollte dem demokratisch gewählten Präsidenten Bazoum und seiner Familie etwas zustoßen. Wir würden das genauso wie unsere afrikanischen Partner als Eskalation wahrnehmen."
Auf Nachfrage nannte er Sanktionen und auch nationale oder internationale Strafverfolgung als mögliche Schritte. Auf die Frage, welche völkerrechtliche Grundlage die angedrohte militärische Intervention der ECOWAS habe, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes nur, er "wolle nicht spekulieren". Eine Intervention könne gegebenenfalls auch auf Einladung Nigers durch seine vertretungsberechtigten Verfassungsorgane möglich sein, "also sprich der demokratisch gewählten Regierung". Der Sprecher erklärte auch, dass die Sanktionen gegen Niger offenbar zu wirken beginnen:
"Jetzt fangen auch die Sanktionen an zu wirken. Die haben durchaus auch schmerzhafte Auswirkungen auf die Menschen und aber auch auf das Regime. (…) Die Stromversorgung aus Nigeria ist gekappt worden. Auch scheint es erste Probleme mit Bargeld zu geben."
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