Einen Tag, nachdem meuternde Soldaten den amtierenden Präsidenten Mohamed Bazoum festgenommen und erklärt hatten, im Rahmen eines Staatsstreichs die Macht zu übernehmen, bleibt die Lage in Niger "unüberschaubar", vor allem wegen der sich verschlechternden Sicherheitslage in dem westafrikanischen Land.
Die Spannungen zwischen den Anhängern des Staatsstreichs und den Unterstützern der abgesetzten Regierung seien weiterhin hoch, berichtete Ahmed Idris von Al Jazeera. Die Lage hat sich allerdings noch mehr kompliziert, nachdem die Armeeführung sich offenbar auf die Seite der Putschisten geschlagen hatte. Die Armeeführung habe "beschlossen, sich der Erklärung der (...) Sicherheitskräfte anzuschließen", um eine "tödliche Konfrontation zwischen den verschiedenen Kräften zu vermeiden", hieß es in einer am Donnerstag veröffentlichten Erklärung des Generalstabschefs Abdou Sidikou Issa. Am Mittwochmorgen hatte die Präsidentengarde den Palast von Bazoum umstellt und das Staatsoberhaupt dort festgesetzt.
Am Donnerstagnachmittag versammelten sich zahlreiche Demonstranten in den Straßen der Hauptstadt, um für die Regierung und gegen den Putschversuch zu demonstrieren. Und es gab noch weitere friedliche Demonstrationen in Niamey, auch von Unterstützern der Putschisten. Wie in den sozialen Medien berichtet wurde, verlangten diese eine russische Intervention, einige riefen sogar "Es lebe Russland".
Eine große Anzahl gewaltbereiter Demonstranten soll am Donnerstag das Hauptquartier der Regierungspartei in der Hauptstadt geplündert und in Brand gesetzt haben. "Schwarze Rauchschwaden stiegen aus dem Gebäude auf, nachdem Hunderte von Putschisten, die sich vor der Nationalversammlung versammelt hatten, dorthin gezogen waren", berichtete Al Jazeera.
Auch Moskau, wo derzeit der Russland-Afrika-Gipfel stattfindet, meldete sich am Donnerstag zu Wort. "Wir fordern die Konfliktparteien auf, auf Gewalt zu verzichten und alle Streitigkeiten durch einen friedlichen und konstruktiven Dialog zu lösen", erklärte eine Sprecherin des Außenministeriums laut der russischen Nachrichtenagentur TASS. Russland fordere zudem die Freilassung des Präsidenten. Außenminister Sergei Lawrow sagte am Donnerstag in einer im Fernsehen übertragenen Rede, dass "die verfassungsmäßige Ordnung in Niger wiederhergestellt werden muss".
Bazoum wird als die letzte Hoffnung für den Westen auf die Beibehaltung eines bedeutenden Einflusses in der Sahelzone angesehen – vor allem, nachdem Mali sich von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich abgewandt und die Unterstützung der russischen Wagner-Gruppe erbeten hatte. Wagner scheint inzwischen auch in Burkina Faso auf dem Vormarsch zu sein.
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