Ex-US-General: Westlicher Druck könnte ukrainische Gegenoffensive "vermasseln"

Im Westen wartet man mit Spannung auf die angekündigte Gegenoffensive der Ukraine. Der pensionierte US-General Ben Hodges warnt jedoch vor zu viel Druck auf Kiew: Das Beharren darauf, dass die Ukraine Russland einen "K.-o.-Schlag" versetzen müsse, könne den Vorstoß untergraben, bevor er überhaupt begonnen hat.

In einem Interview mit Business Insider, das am Donnerstag veröffentlicht wurde, warnte Ben Hodges, ehemaliger Befehlshaber der US-Armee in Europa, dass die Darstellung des ukrainischen Vorstoßes zur Rückeroberung verlorener Gebiete als eine "Make-or-Break"-Offensive einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen und die Offensive zum Scheitern bringen könnte, noch bevor sie überhaupt begonnen hat.

"Das Einzige, was die Sache meiner Meinung nach verderben kann, ist, wenn der Westen so viel Druck auf die Ukraine ausübt, dass sie vor einem totalen Sieg zurückschreckt",

sagte er dem Magazin.

In Anlehnung an die Äußerungen einiger hochrangiger ukrainischer Beamter teilte Hodges weiter mit, dass er das Gerede zurückweise, dass "die Ukraine nur einen Versuch" bei der Offensive habe, und wenn es ihr nicht gelinge, "einen K.-o.-Schlag zu landen", dann würden die westlichen Unterstützer Kiews ihre Unterstützung einstellen. Dieses Narrativ werde von denjenigen verbreitet, die "nicht wollen, dass die Ukraine gewinnt", fügte er hinzu.

Hodges wies auch darauf hin, dass sich viele hochrangige Beamte im Weißen Haus "nicht dafür einsetzen, dass die Ukraine unbedingt gewinnt". Er tadelte die Regierung von US-Präsident Joe Biden dafür, dass sie es versäumt habe, ihre strategischen Ziele in diesem Konflikt klar zu definieren.

Während in den letzten Monaten Spekulationen über eine bevorstehende Frühjahrsoffensive grassierten, versuchte der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba Ende März, deren Bedeutung herunterzuspielen, indem er sagte, dass "wir der Wahrnehmung der Gegenoffensive als entscheidende Schlacht des Krieges mit allen Mitteln entgegenwirken sollten".

Anfang dieser Woche erklärte der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij, Kiew sei bereit für die Offensive, brauche aber noch etwas Zeit, um optimale Bedingungen und die Voraussetzungen zu schaffen, um "unannehmbare" Verluste zu vermeiden.

Ende März hatte sich jedoch General Mark Milley, Vorsitzender der US-Generalstabschefs, skeptisch über die geplante Offensive geäußert und gewarnt, dass es der Ukraine schwerfallen werde, "jeden Russen aus den Gebieten, die sie für sich beansprucht, hinauszuwerfen".

Im April kommentierte Kreml-Pressesprecher Dmitri Peskow das mögliche Vorgehen Kiews mit den Worten, dass das russische Militär "alle relevanten Informationen gründlich verfolgt".

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