Nicht jeder in der EU wolle die Ukraine so stark unterstützen, wie Kiew es verlangt. Dabei sei die Zukunft des Landes für den Wohlstand des Westens von zentraler Bedeutung, so der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. In einer Rede vor dem von der Rüstungsindustrie finanzierten NATO-Atlantikrat sagte er:
"Ein Scheitern in der Ukraine könnte der Anfang vom Ende des goldenen Zeitalters des Westens sein. Der Sieg der Ukraine ist nicht nur eine Garantie für den Wiederaufbau, sondern auch für die Stärkung unserer Wirtschaftskraft."
Polen rühmt sich, die Ukraine im Kampf gegen Russland mit am lautesten zu unterstützen. Morawiecki zufolge wünschen sich alle westlichen Länder einen Sieg Kiews, aber "nicht unbedingt in gleichem Maße". Einige Politiker in Westeuropa "wollen einen schnellen Waffenstillstand fast um jeden Preis", erklärte er.
Der polnische Ministerpräsident glaubt, in dem Konflikt verfolge Russland das Ziel, "die Ukraine zu zerstören, (...) damit die Ukraine keine Basis für die Stärkung des Westens sein kann". Die Existenz des Landes sei "entscheidend, um Russland einzudämmen", fügte er hinzu und behauptete: "Wenn Russland gewinnt, werden wir die Nächsten sein."
Die russische Führung teilte dagegen mit, ihre vorrangigen Ziele in der Ukraine bestünden darin, die wachsende Bedrohung der nationalen Sicherheit durch die schleichende Expansion der NATO in das Nachbarland einzudämmen und die Angriffe Kiews auf die Bevölkerung des Donbass zu stoppen.
Als Quelle seines Wissens über die russische Mentalität nannte der Regierungschef die jahrhundertelange Geschichte der Feindseligkeiten zwischen Polen und Russland:
"Imperialismus, Kolonialismus und Nationalismus sind nicht nur ein vorübergehendes Leiden der Moskauer Seele. Sie liegen in ihrem Kern."
Die Verteidigung der Ukraine habe Auswirkungen auf andere sich zuspitzende Konflikte, insbesondere auf den Streit zwischen den USA und China über Taiwan, stellte der polnische Politiker fest. Während Peking heftig gegen Washingtons wachsende Einmischung in die selbstverwaltete Insel protestiert hat, erklären US-Beamte, China könne Taiwan mit Gewalt einnehmen.
"Sie müssen die Ukraine unterstützen, wenn Sie wollen, dass Taiwan so bleibt, wie es ist", sagte Morawiecki und kritisierte EU-Politiker, die glauben, Taiwan falle nicht in ihren Einflussbereich.
"Wenn die Ukraine fällt, wenn die Ukraine erobert wird, könnte China am nächsten Tag Taiwan angreifen", prophezeite er.
Peking strebt erklärtermaßen eine friedliche Wiedervereinigung mit der Insel an, schließt aber militärische Maßnahmen zur Verhinderung von Separatismus nicht aus.
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