Von Andrei Restschikow
Am Dienstag ist bekannt geworden, dass die Vorbereitung von Terroranschlägen in der weißrussischen Stadt Grodno, darunter die versuchte Sprengung des russischen Generalkonsulats, unter der Leitung ukrainischer Geheimdienste durchgeführt wurde. Insbesondere warb der Mitarbeiter der Hauptaufklärungsverwaltung des ukrainischen Verteidigungsministeriums, Wjatscheslaw Rosum, Agenten unter den Bürgern Russlands und Weißrusslands an. Einer der Angeworbenen war der Russe Alexei Kulikow, der vor einem Jahr aus Russland vor der Mobilmachung geflohen war.
Wie der staatliche weißrussische Fernsehkanal ONT unter Berufung auf das Komitee für Staatssicherheit (KGB) Weißrusslands berichtete, wurde Kulikow durch den russischen Oppositionellen Daniil Krinari (Kowalewski) angeworben. Krinari, der im Dezember 2022 auf Anfrage des russischen Geheimdienstes FSB verhaftet und nach Russland ausgeliefert wurde, hatte zuvor von Rosum die Aufgabe erhalten, ein Agentennetz aufzubauen. Außerdem wurde der Weißrusse Wadim Pazenko angeworben. Inzwischen wurden Kulikow und Pazenko durch weißrussische Sicherheitsbehörden festgenommen und legen Geständnisse ab.
Unter anderem erklärte Kulikow, dass Rosum ihn mit dem Ausspähen bestimmter Objekte beauftragte. Kulikow habe Foto- und Videoaufnahmen dieser Objekte gemacht – Musterungsbehörde, Militärstützpunkt, Tanklager, Russlands Generalkonsulat. Pazenko, dem ebenfalls die Vorbereitung eines Terroranschlags zur Last gelegt wird, berichtete gegenüber ONT, dass der ukrainische "Geheimdienstler Slawa" ihn beauftragte, das Tanklager mithilfe einer Drohne und eines Sprengsatzes zu zerstören, wozu ein entsprechender Plan entworfen wurde.
Nach Angaben weißrussischer Journalisten versprachen ukrainische Geheimdienste Kulikow und Pazenko für die Brandstiftung am Tanklager 10.000 US-Dollar und eine Verlegung ins Ausland, betrogen sie aber schließlich. Hinzuzufügen ist, dass Weißrusslands Präsident Alexandr Lukaschenko im März die Festnahme eines "Terroristen der ukrainischen Geheimdienste" und seiner Handlanger meldete, insgesamt über 20 Personen, die in Verbindung mit dem Anschlag auf den Flugplatz Matschulischtschi bei Minsk standen. Lukaschenko beschuldigte damals die Geheimdienste der Ukraine und der USA.
Am Dienstag erklärte Lukaschenko bei einem Treffen mit dem Leiter des russischen Auslandsgeheimdienstes, Sergei Naryschkin, dass weißrussische Sicherheitsbehörden über 30 Handlanger ausländischer Geheimdienste festnahmen:
"Vor Kurzem nahmen wir einen Terroristen fest, der verdeckt nach Anweisungen arbeitete. Und die Hauptsache, was mich besonders empört, wir nahmen schon mehr als 30 Handlanger fest. Woher kommen sie? Es waren und sind Lumpen!"
Der weißrussische Staatschef nannte die Festgenommenen "Unmenschen", die von ausländischen Geheimdiensten instrumentalisiert wurden. Seinerseits berichtete der Leiter des KGB Weißrusslands, Iwan Tertel, dass auf dem Gebiet der Republik Bürger der Ukraine, Polens und baltischer Staaten wegen Verdachts auf Bildung eines Agentennetzwerks und terroristischer Tätigkeit festgenommen wurden. Nach Tertels Einschätzung wurden die Spionage- und Sabotageaktivitäten gegen Weißrussland intensiviert.
Unter den Festgenommenen befinden sich Dutzende Ukrainer, die versuchten, Terroranschläge zu verüben, Spionage oder Sabotage zu betreiben, erklärte der KGB-Chef. Tertel zufolge wandte sich das Kiewer Regime an Minsk mit der Bitte, die eigenen Staatsbürger auszutauschen, allerdings sei der Vorschlag von weißrussischer Seite abgelehnt worden, da sie keine "Drogensüchtigen, Vergewaltiger" und sonstige Personen, die in der Ukraine eine Haftstrafe verbüßen, brauche.
Der weißrussische Militärexperte Alexandr Alesin erklärte:
"Ukrainische Geheimdienste verfügen über beträchtliche Möglichkeiten auf dem Gebiet Weißrusslands und Russlands. Nach den Ereignissen des Jahres 2020 gingen viele Teilnehmer der damaligen Proteste in den Untergrund, ohne ihre Ansichten zu ändern. Ein Teil von ihnen ging ins Ausland und geriet ins Visier polnischer und ukrainischer Geheimdienste."
Laut Alesin gibt es auf dem Territorium Weißrusslands eine beträchtliche Basis für die Anwerbung von Agenten und potenziellen Terroristen. Er erklärte:
"Die weißrussischen Geheimdienste verstehen dies und unternehmen große Anstrengungen, um die Basis für terroristische Tätigkeit aufzuspüren und zu reduzieren. Dennoch wird Weißrussland weiterhin im Visier der Geheimdienste der Ukraine, Polens und der NATO-Staaten, darunter der USA, verbleiben, seine strategische Lage ist schlicht zu wichtig."
Das Mitglied des Rats für Außen- und Verteidigungspolitik, Generalmajor des FSB a. D., Alexandr Michailow, stimmte zu, dass ukrainische Geheimdienste bei der Anwerbung vor allem das oppositionelle Milieu betrachten. Er erklärte:
"Der ukrainische Militärgeheimdienst und SBU setzen auf Menschen, die in Bezug auf die lokale Regierung irgendwie negativ auffielen. Davon zeugen deutlich auch die Ereignisse auf dem Gebiet Russlands. Die Verdächtige beim Mord an Wladlen Tatarski nahm an nicht sanktionierten Aktionen teil."
Der Generalmajor nannte die ukrainischen Geheimdienste unverschämt, weil sie sich nicht scheuen würden, ihr Agentenkollektiv zu opfern. Er fügte hinzu:
"Für sie ist das Kanonenfutter, um das sie sich nicht kümmern. Die Angeworbenen sind Verschleißmaterial. Dabei schonen sie eigene Agenten und versuchen, sie nur selten zu schicken."
Alesin bezeichnete Weißrussland als Russlands Vorposten und notfalls als Aufmarschgebiet für Präventiv- und Gegenschläge gegen die NATO mit allen Waffenarten, darunter taktischen Atomwaffen. Daher erwartet er, dass ukrainische und westliche Geheimdienste auch weiterhin versuchen werden, Weißrussen anzuwerben, zumindest solange die Konfrontation des Unionsstaats Russlands und Weißrusslands mit dem kollektiven Westen andauert.
Der Experte hob die Teilnahme polnischer Geheimdienste bei Anwerbungen besonders hervor. Hierbei müsse vor allem die gemeinsame Grenze berücksichtigt werden, über die ein reger Last- und Personenverkehr erfolgt. Alesin bemerkte:
"Wir erinnern uns an die Geschichte des Terroristen, der auf dem Militärflugplatz Matschulischtschi das Frühwarnflugzeug A-50 sprengen wollte. Zuerst versuchte er, zu uns über die polnische Grenze zu gelangen. Er agierte zwar auf Anweisung der ukrainischen Geheimdienste, doch Polen unterstützte ihn beim Grenzübergang."
Die Grenze zu Litauen und Lettland sei ebenfalls ein gefährlicher Abschnitt und könne von ukrainischen Geheimdiensten genutzt werden.
Gerade über den "baltischen Korridor" konnte die Mörderin der Journalistin Darja Dugina im August vergangenen Jahres fliehen. Michailow hielt die Teilnahme polnischer Geheimdienste bei Anwerbungen ebenfalls für möglich, gab sich allerdings sicher, dass bei schwerwiegenderen Angelegenheiten, wie Morden oder Terroranschlägen, die ukrainischen Geheimdienste ihre westlichen Partner nicht heranziehen, um Informationslecks zu vermeiden. Michailow betonte:
"Um eine ernsthafte Operation durchzuführen, muss man sich seines Partners sicher sein. Doch was, wenn von dort Informationen durchsickern? Was ist, wenn sich unter den Polen Agenten anderer Geheimdienste befinden? Wie dem auch sei, Weißrusslands KGB klärt es auf, sie haben große Ressourcen dafür."
Indessen verwies Alesin auf die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen den weißrussischen und russischen Geheimdiensten. Demnach bringe Alexandr Lukaschenko zu einigen Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin eine Mappe mit Informationen mit, die der KGB auf dem Gebiet der Republik und im Ausland auftreibt. Der Experte fügte hinzu:
"Die gegenläufige Bewegung ist auch groß. Die Russische Föderation verfügt über kolossale Möglichkeiten im Hinblick auf Agentennetzwerke und technische Aufklärung. Offensichtlich gibt es neben Informationsaustausch und operativer Zusammenarbeit auch gemeinsame Datenbanken von Personen, die illegaler Tätigkeiten verdächtigt werden."
Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei Wsgljad.
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