Am 10. Oktober dieses Jahres tagte im Straßburger EU-Parlament die erste Runde des "Sonderausschuss zu den Erkenntnissen aus der COVID-19-Pandemie und Empfehlungen für die Zukunft". Offiziell angefragt und eingeladen wurde, neben Pharmavertretern anderer Firmen, auch der Geschäftsführer des US-Pharmariesen Pfizer, Albert Bourla. Dieser hatte jedoch ohne Angabe von Gründen seine Teilnahme kurz vorher abgesagt.
Bezüglich der erneuten Vorladung Bourlas zitiert die US-amerikanische Tageszeitung Politico aus dem vorliegenden aktuellen Antwortschreiben an den Ausschuss. So heißt es:
"Seit der COVID-Anhörung im Oktober haben wir keine weiteren Informationen, die wir mit dem Ausschuss teilen könnten. Daher lehnen wir die Einladung, diese Fragen erneut zu erörtern, respektvoll ab."
Damit greift Bourla mehr als anmaßend die unmittelbare Ausschussarbeit an, da er nicht im Geringsten wissen kann, wie die einzelnen Fragen der Abgeordneten lauten könnten. Bei dem sehr großen internationalen Interesse hätte eine Anhörung ermöglicht, Bourla mit alten wie auch neuen Fragen zu konfrontieren, unter anderem über den Kontakt zwischen dem Pfizer-CEO und der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, um Details zu dem milliardenschweren Impfstoffvertrag zu erfahren.
Während der Anhörung am 10. Oktober musste sich Bourlas Stellvertreterin Janine Small, Präsidentin des Unternehmens für internationale Märkte, wiederholt schärferen Fragen des Ausschusses zu Bourlas Abwesenheit, wie auch zu Detailfragen zu Wirk- und Prüfungsphasen des COVID-Impfstoffs Comirnaty® stellen. Auf die eindeutig formulierte Frage des niederländischen Abgeordneten Rob Roos von der Partei JA21/Konservative Liberale, ob der COVID-Impfstoff von Pfizer vor seiner Markteinführung darauf getestet worden sei, die Übertragung des Virus zu verhindern, lautete die überraschende Antwort:
"Was die Frage betrifft, ob wir von einem Übertragungsschutz wussten, bevor es (das Produkt) auf den Markt kam – Nein. Wir mussten wirklich mit der Geschwindigkeit der Wissenschaft vorankommen, um wirklich zu verstehen, was auf dem Markt vor sich geht. Und unter diesem Gesichtspunkt mussten wir alles auf Risiko machen."
Ähnlich zu erwartende, oder je nach Blickwinkel auch überraschende Aussagen und erkenntnisreiche Antworten wünschen sich die EU-Abgeordneten natürlich nun auch von dem Pfizer-Chef persönlich. Am 28. Oktober erfolgte daher eine zweite Einladung an den CEO. Die Vorsitzende des COVID-Ausschusses, Kathleen Van Brempt (S&D-Fraktion), teilte am 5. Dezember in einer Erklärung zu den Gründen der erneuten Vorladung mit:
"Unser Ausschuss war der Ansicht, dass während der vorherigen Anhörung mit Vertretern der pharmazeutischen Industrie, bei der Pfizer von Frau Janine Small vertreten wurde, wichtige Fragen zu den Kaufverträgen zwischen der Europäischen Union und Pfizer, die in die Zuständigkeit des CEO fallen und die nur er beantworten kann, unbeantwortet blieben."
Sie bedauere daher zutiefst die erneute Weigerung von Albert Bourla, die Angelegenheit mit den Mitgliedern des Europäischen Parlaments diskutieren zu wollen. Als Mitgesetzgeber des europäischen Haushalts hätte das EU-Parlament und damit der Ausschuss "das Recht, volle Transparenz über die Modalitäten dieser Ausgaben und die vorbereitenden Verhandlungen zu erhalten".
Ein Pfizer-Sprecher ließ auf Anfrage von Politico zur erneuten Absage Bourlas lediglich mitteilen, dass das Unternehmen "dem Sonderausschuss zur COVID-19-Pandemie und dem gesamten Europäischen Parlament Beiträge geliefert hat, um die Reaktion auf die Pandemie zu verstehen und daraus zu lernen".
Ob das Unternehmen erneut einen Stellvertreter zur Veranstaltung entsendet, ist bis dato nicht bekannt.
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