Ukrainischer Gouverneur "verdächtigt alle", Russland zu helfen

Der Gouverneur der ukrainischen Region Nikolajew, Witali Kim, will die Stadt abriegeln, um nach angeblichen Spionen und Saboteuren zu fahnden. Er hatte bereits zuvor auch Belohnung für Hinweise zu angeblichen Kollaborateuren mit Russland ausgesetzt.

Die südwestukrainische Stadt Nikolajew soll in den kommenden Tagen vollständig abgeriegelt werden, wie der Gouverneur Witali Kim erklärte. Die extreme Maßnahme sei notwendig, um mutmaßliche Spione und Saboteure aufzuspüren, die mit Russland zusammenarbeiten sollen, sagte er in einem Interview mit der britischen Zeitung The Telegraph.

Bislang hätten die Behörden der Stadt sowie das Militär zwölf Personen in Gewahrsam genommen, von denen man annehme, dass sie in dem anhaltenden Konflikt für Russland arbeiteten, so Kim. Auf die Frage nach der Zahl der angeblichen "Spione" gab der Gouverneur zu, dass er buchstäblich jeden in der Stadt verdächtige, ein Verräter zu sein. Der 41-Jährige erklärte: 

"Ich verdächtige jeden."

Kim fügte hinzu, dass er eine "verdeckte Strategie" verfolge, um die vermeintlichen Spione zu enttarnen und zu fassen.

Um gegenüber den russischen Kräften standhaft zu bleiben, müsse man "sowohl einen klaren Kopf als auch ein heißes Herz" haben, so der Beamte. Die Bemerkung war eine offensichtliche Anspielung auf ein Sprichwort, das gewöhnlich dem bolschewistischen Revolutionär und Leiter der frühen sowjetischen Staatssicherheitsorgane, Felix Dserschinski, zugeschrieben wird, wonach ein echter Geheimdienstler "einen klaren Kopf, ein heißes Herz und saubere Hände" haben sollte. Letzteres trifft anscheinend nicht auf ukrainische Spionenjäger zu.

Vergangene Woche hatte Kim zudem ein Kopfgeld von 100 Dollar für Hinweise zu angeblichen Saboteuren und Spionen angekündigt. Die Belohnung soll im Austausch für Informationen über diejenigen gezahlt werden, "die den Besatzern die Einsatzorte der ukrainischen Truppen verraten", sagte er und fügte hinzu, dass der 100-Dollar-Tipp nur für glaubwürdige Informationen gezahlt werde.

Mehrere ukrainische Funktionäre haben wiederholt Alarm geschlagen wegen der angeblich weit verbreiteten "Kollaboration" und des "Verrats" unter den Bürgern und Mitarbeitern der Sicherheitsbehörden des Landes. Das Thema führte zum Sturz der Generalstaatsanwältin Irina Wenediktowa und des Leiters des Geheimdienstes SBU, der obersten Sicherheitsbehörde des Landes, Iwan Bakanow. Die beiden Amtsträger wurden jüngst vom ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij aus dem Dienst entlassen, der dabei mitteilte, dass "etwa 651 Strafverfahren wegen Hochverrats und Kollaboration von Mitarbeitern der Staatsanwaltschaft, der Ermittlungsbehörden und anderer Strafverfolgungsbehörden registriert worden sind". Den Aussagen von Selenskij zufolge seien "mehr als 60 Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft und des SBU in den besetzten Gebieten geblieben und arbeiten gegen unseren Staat". 

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