Weil das Leben zu Hause immer teurer wird, zieht es US-Amerikaner vermehrt nach Europa. Italien, Portugal, Spanien, Griechenland und Frankreich gehören zu den beliebtesten Zielen. Laut dem Immobilienunternehmen Sotheby's International Realty sind die Anfragen von US-Amerikanern, die nach Griechenland ziehen wollen, im Zeitraum von April bis Juni im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent gestiegen. In Frankreich und Italien ist die Nachfrage aus den USA so hoch wie seit mindestens drei Jahren nicht mehr, so Jack Harris, Immobilienspezialist bei der Immobilienfirma Knight Frank. Und die US-Amerikaner machten im ersten Quartal zwölf Prozent des Umsatzes von Sotheby's in Italien aus, verglichen mit nur fünf Prozent im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Rentner und Wohlhabende waren traditionell die wichtigsten US-amerikanischen Käufer von Immobilien in Europa. Aber relativ billige Wohnungen – vor allem in kleineren Städten – und die zunehmende Homeoffice-Tätigkeiten haben Europa für ein breiteres Spektrum von Menschen attraktiv gemacht, auch für jüngere Menschen, die auf dem heimischen Wohnungsmarkt keine Chance haben. Wachsende Kriminalitätsraten in einigen US-Städten und politische Konflikte haben die US-Amerikaner ebenfalls dazu veranlasst, auf der Suche nach einem ruhigeren Lebensstil den großen Teich zu überqueren, begünstigt durch einen Euro, der gerade zum ersten Mal seit mehr als 20 Jahren auf die Parität zum US-Dollar gefallen ist.
Der Durchschnittspreis für ein Haus in Atlanta lag am 30. Juni bei 404.575 US-Dollar und damit um 19 Prozent höher als im Vorjahr, während eine 800 Quadratmeter große Immobilie in der Region Palermo auf Sizilien laut den Immobilienplattformen Zillow und Idealista durchschnittlich 86.560 Euro kostete.
"Die steigenden Lebenshaltungskosten haben dazu geführt, dass das Leben in jeder größeren US-Stadt teurer ist als in europäischen Städten", so Michael Witkowski, Vizepräsident der in den USA ansässigen Expat-Beratungsfirma ECA international. Und er ergänzte:
"Teure Immobilienpreise, ein starker US-Dollar und politische Spannungen tragen dazu bei, dass Europa immer attraktiver wird."
Allerdings ist der Umzug für US-Amerikaner nach Europa mit einigen Komplikationen verbunden. Es gibt Visabestimmungen, und die steuerliche Situation kann kompliziert und kostspielig sein. Die USA besteuern alle ihre Bürger unabhängig von ihrem Wohnort, und wer aus dem Ausland für ein US-amerikanisches Unternehmen arbeitet, kann für sich und seinen Arbeitgeber steuerrechtliche Probleme auslösen.
Um einige dieser Probleme zu lösen, will Italien noch in diesem Jahr ein Fernarbeitervisum für Ausländer anbieten. Außerdem hat die Regierung 2019 ein Programm eingeführt, das den Verkauf von Ein-Euro-Häusern in ländlichen Gebieten an ausländische Käufer vorsieht, die für die Renovierung aufkommen und die lokale Wirtschaft ankurbeln sollen.
Auch die iberische Halbinsel ist zu einem beliebten Reiseziel geworden. Die Zahl der Amerikaner, die in Portugal leben, stieg laut Regierungsdaten im Jahr 2021 um 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In Spanien, dem Land mit der größten US-amerikanischen Bevölkerung in Europa, stieg die Zahl der in den USA geborenen Einwohner zwischen 2019 und 2021 um 13 Prozent, und die Nachfrage ist in diesem Jahr weiter gestiegen, so Alejandra Vanoli, Geschäftsführerin der spanischen Immobilienagentur Viva.
Um ausländische Käufer anzulocken, bieten sowohl Portugal als auch Spanien sogenannte "goldene Visa" an, Programme, die ein Aufenthaltsrecht auf der Grundlage einer Anfangsinvestition von 350.000 Euro bzw. 500.000 Euro gewähren.
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