Lawrow: Zweck einer "ukrainischen" Getreidekoalition ist Einmischung in der Schwarzmeerregion

Hinter der Idee einer internationalen Marinekoalition, die Schiffe mit ukrainischem Getreide durch das Schwarze Meer geleiten soll, steht in Wirklichkeit ein ganz anderes Ziel, so Russlands Außenminister Sergei Lawrow – nämlich eine Einmischung in der Schwarzmeerregion.

Nach Gesprächen mit dem iranischen Außenminister Hossein Amir-Abdollahian am Donnerstag in Teheran wertete Russlands Chefdiplomat den Vorschlag, eine internationale militärische Schiffsgeleitschutzgruppe für Frachter mit ukrainischem Getreide zusammenzustellen, als ein Deckmäntelchen für ganz andere Vorhaben:

"Die Versuche, irgendwelche internationalen Koalitionen für die Durchführung dieser Verfahren zu organisieren, zielen einzig und allein darauf ab, sich in der Schwarzmeerregion unter dem Banner der UNO einzumischen."

Der Vorstoß, dass die angeblich von Getreideknappheit aufgrund des Ukraine-Konflikts betroffenen Länder ihre Kriegsschiffe ins Schwarze Meer schicken sollen, wurde von Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis bei seiner Reise nach London Ende Mai eingebracht. Medienberichten zufolge hatten die britischen Regierungsbehörden damals ihre grundsätzliche Unterstützung für eine solche Mission zum Ausdruck gebracht.

Der russische Außenminister versicherte seinen Zuhörern:

"Es gibt keinerlei Probleme damit, Getreide auszufahren und Schiffe, die die Ukrainer durch Verminen von Schwarzmeerhäfen in diesen eingesperrt haben. Auch ohne derartige Pläne zusammenzuzimmern."

Er bekräftigte, dass Moskau die Sicherheit von Schiffen mit Getreide in internationalen Gewässern bis hin zur Bosporusstraße, der von Ankara kontrollierten Engstelle, die den einzigen praktikablen Wasserweg aus dem Schwarzen ins Mittelmeer bietet, garantiere:

"In dieser Frage haben wir mit der Türkei Einigkeit."

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Die Ukraine ist ein wichtiger Getreideexporteur, aber aus ihren Häfen können seit Beginn der russischen militärischen Intervention in den Ukraine-Konflikt Ende Februar keine Schiffe mehr in See stechen. Kiew und der Westen beschuldigen Moskau, das Auslaufen der Schiffe zu blockieren. Russland hingegen erinnert beständig daran, dass diese logistischen Probleme von der Ukraine selbst durch Verlegen von Seeminen in den Hafengewässern verursacht wurden. Russlands Außenminister wörtlich:

"Die Bemühungen, die jetzt unter anderem sowohl von der Türkei als auch vom UN-Generalsekretär unternommen werden, wären schon vor langer Zeit erfolgreich gewesen, wenn die Ukraine und ihre westlichen Herren das Problem der Entminung der Häfen im Schwarzen Meer gelöst hätten."

Lawrows britische Amtskollegin Liz Truss sprach am Donnerstag auch die Frage an, wie das ukrainische Getreide aus den Häfen ausgefahren werden könne. Dies erfordere ihrer Meinung nach "eine international angelegte Anstrengung".

Truss, die diese Äußerung nach Gesprächen mit ihrem türkischen Amtskollegen Mevlüt Çavuşoğlu tätigte, behauptete auch, ein Versäumnis, die festgefahrenen Getreidetransporte rasch aus den Häfen zu lösen, werde "zu einer großen Hungersnot führen". Die Verantwortung hierfür gab sie gewohnheitsmäßig Russlands Präsidenten Wladimir Putin:

"Putin setzt den Hunger als Waffe ein, er benutzt die Ernährungssicherheit herzlos als Kriegsmittel. Er hat die ukrainischen Häfen blockiert und verhindert, dass 20 Millionen Tonnen Getreide in die ganze Welt exportiert werden, womit er die Welt erpresst."

Lawrow hatte zuvor dem Westen vorgeworfen, die Probleme mit dem ukrainischen Getreide maßlos zu übertreiben. In der Tat, so Lawrow vor einigen Wochen, machten die blockierten Lieferungen "weniger als ein Prozent der weltweiten Produktion von Weizen und anderen Getreidesorten" aus:

"Daher hat die aktuelle Situation mit ukrainischem Getreide nichts mit der Nahrungsmittelkrise zu tun."

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