Der US-amerikanische Botschafter in Israel, Tom Nides, hat erklärt, dass ein erneuter Atomdeal mit Iran den engen Verbündeten der USA nicht daran hindere, Maßnahmen zu ergreifen, um sich selbst zu "schützen". Die USA und Iran befinden sich gerade in Verhandlungen unter Beteiligung weiterer Staaten, das 2015 zwischen Teheran und den Weltmächten geschlossene und später vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump aufgekündigte Atomabkommen wiederzubeleben.
In einem Gespräch mit dem israelischen Fernsehsender Channel 12 erklärte der US-Botschafter Nides am Donnerstag, dass die Vereinigten Staaten nicht erwarten, dass Tel Aviv "stillsitzt und nichts tut", auch für den Fall, dass ein endgültiges Abkommen mit Iran zustande käme. Der Diplomat erklärte:
"Wir haben uns sehr klar ausgedrückt. Wenn wir eine Einigung erzielen, sind den Israelis nicht die Hände gebunden. Wenn wir kein Abkommen haben, sind den Israelis sicherlich (ebenfalls) nicht die Hände gebunden."
Er fügte hinzu, dass Israel unabhängig davon, ob ein Abkommen zustande kommt oder nicht, alle Maßnahmen ergreifen könne, die es zu seinem eigenen Schutz ergreifen müsse.
Nides argumentierte, dass Präsident Joe Biden "alles in seiner Macht Stehende tut, um sicherzustellen, dass Iran keine Atomwaffe hat", indem er "den diplomatischen Weg" nutzt. Aber er schien stillschweigend eine israelische Militäraktion gegen das Land zu befürworten, selbst wenn Teheran ein Abkommen mit den USA zum Atomstreit schließen sollte.
Iran besteht darauf, dass seine Nuklearanlagen keine militärischen Zwecke haben und ausschließlich für Energie und medizinische Zwecke genutzt würden. Das wurde vor dem einseitigen Ausstieg Washingtons aus dem Atomabkommen im Jahr 2018 auch wiederholt von der UN-Atomaufsichtsbehörde bestätigt. Trotzdem führten die USA alle früheren Sanktionen gegen Teheran und sogar noch einige mehr wieder ein. Anschließend schraubte Iran seine Verpflichtungen im Rahmen des Abkommens zurück, einschließlich der Begrenzung seiner Urananreicherung.
Der US-Botschafter erklärte weiter, Israel ist über die anhaltenden Atomgespräche auf dem Laufenden gehalten worden und Tel Aviv wisse "genau, was vor sich geht", auch wenn die Verhandlungsführung den israelischen Regierungsvertretern bisweilen missfalle.
Die Einstufung der iranischen Revolutionsgarde, einer militärischen Eliteeinheit, als terroristisch, ist nach wie vor ein wichtiger Streitpunkt zwischen den beiden Verhandlungsseiten. Nides lehnte es jedoch ab, zu offenbaren, ob die US-Regierung die Gruppe von der schwarzen Liste der Terroristen streichen wird, obwohl es Berichte gebe, dass sie diesen Schritt in Erwägung ziehe.
Der israelische Premierminister Naftali Bennett sprach sich auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit US-Außenminister Antony Blinken am vergangenen Wochenende gegen eine solche Entscheidung aus und wies dabei auf die Besorgnis über die Revolutionsgarde hin.
Auf der Pressekonferenz erklärte der US-amerikanische Spitzendiplomat, dass bezüglich ihrer Haltung zu einem atomar bewaffneten Iran "kein Unterschied" zwischen Washington und Tel Aviv bestehe, und er versprach, dass beide Seiten "mit oder ohne Deal" weiter zusammenarbeiten würden, "um dem destabilisierenden Verhalten des Iran in der Region entgegenzuwirken".
Israel hatte schon das ursprüngliche Atomabkommen mit Iran kritisiert und wirft Teheran seit mehr als 20 Jahren vor, auf eine Atomwaffe hinzuarbeiten. Der ehemalige Premierminister Benjamin Netanjahu prangerte das Abkommen als eine gefährliche Form der Beschwichtigung an und betonte, dass die Auslaufklauseln des Abkommens für nukleare Beschränkungen dem Iran schließlich ermöglichen würden, eine Atombombe zu bauen. Bennett seinerseits bezeichnete das Abkommen ebenfalls als "Pflaster", das "nur ein paar Jahre" Bestand haben würde, und deutete an, dass Israel nach dem Auslaufen des Atomabkommens den Preis für ein gestärktes Teheran zahlen würde.
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