Am Donnerstag beschlossen die Energieminister der 23 Förderländer im Verbund OPEC+, also OPEC und die mit ihr verbündeten Ölproduzenten, an einer bescheidenen Erhöhung der Fördermenge festzuhalten. Die Produktion werde im Mai um weitere 432.000 Barrel pro Tag ausgeweitet, um die Produktionskürzungen, die während der COVID-19-Pandemie vorgenommen wurden, allmählich wieder aufzuheben. Das ist ein leichter Anstieg gegenüber den 400.000 Barrel in den Vormonaten, wobei die Offiziellen erklärten, dass sie die Basisproduktionsmengen revidieren. Der Ölpreis stieg innerhalb eines Jahres um knapp 80 Prozent, da sich die weltweite Nachfrage nach Treibstoff für Autos, Lastwagen und Flugzeuge erholte. Durch Befürchtungen um die Folgen von Sanktionen vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise stieg der Preis weiter.
Die OPEC+ zeigt sich jedoch unbeeindruckt von den Bitten der ölimportierenden Länder, die Fördermengen stärker anzuheben, da die Energiepreise in die Höhe schießen und die Inflation weltweit anheizt. Die künstliche Beschränkung der Fördermenge, die auf den Preiseinbruch am Ölmarkt im Frühjahr 2020 zurückgeht, wird erst im September auslaufen.
Nach der angekündigten Freigabe eines großen Teils der strategischen Ölreserven der USA sanken die Ölpreise am Donnerstag. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zuletzt 108,21 US-Dollar. Das waren 5,24 Dollar weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 4,30 Dollar auf 103,52 Dollar.
Die US-Regierung werde für die nächsten sechs Monate jeden Tag durchschnittlich eine Million Barrel Rohöl freigeben, teilte das Weiße Haus am Donnerstag mit. Es sei die größte Freigabe der Ölreserven in der Geschichte, erklärte US-Präsident Joe Biden. Gleichzeitig kündigte die Regierung neue Maßnahmen an, um die heimische Ölproduktion anzukurbeln. Die strategischen Reserven sind auf einem Tief. Im November hatte das Weiße Haus die Freigabe von 50 Millionen Barrel in Abstimmung mit anderen Ländern angekündigt, nach Beginn des Krieges in der Ukraine einigten sich die USA und 30 weitere Länder auf eine zusätzliche Freigabe von 60 Millionen Barrel.
In Erwartung der neuen Freigaben fielen die Ölpreise zwar am Donnerstag, doch erklärten Analysten der Bank UniCredit gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press, dass die Auswirkungen solcher Bewegungen auf die Preise "in der Regel nur von kurzer Dauer sind". Das liegt daran, dass die Reserven endlich sind und das Produktionsdefizit unbefristet ist. Sobald die Reserven unter ein bestimmtes Niveau fielen, könnte der Markt befürchten, dass sie nicht ausreichen, um ein weiteres Defizit auszugleichen, und die Preise würden steigen. Zudem müssen Reserven auch wieder aufgefüllt werden. Dem DAX gab der gesunkene Ölpreis am Donnerstag nur kurz Auftrieb.
(rt/ap)
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