Setzt auf Grün! – Kiew fordert EU auf, Moskau durch Verzicht auf Energie aus Russland zu schaden

Ein Verzicht auf fossile Energieträger aus Russland sei eine moralische Pflicht, sagte der ukrainische Präsident Selenskij vor dänischen Parlamentariern. Russlands Angriff sei ein weiteres Argument, die "grüne Wende" zu beschleunigen. Die Sanktionen gegen Moskau müssten daher verschärft werden.

Die Europäische Union (EU) müsse den Übergang zu grüner Energie beschleunigen, um Russland für den Angriff auf die Ukraine angemessen zu bestrafen, forderte der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij am Dienstag vor dem dänischen Parlament. Er betonte, dass Russland den Angriff auf sein Heimatland dank der Einnahmen aus dem Ölgeschäft durchführen konnte. Der Verzicht auf fossile Energieträger aus Russland sei eine moralische Pflicht, so der 44-Jährige.

Selenskij wandte sich in einer Videoansprache an die dänischen Abgeordneten. Er behauptete, dass der Schaden, den Russland seinem Land zugefügt hat, bereits jetzt schlimmer sei als die Zerstörungen, die durch den Zweiten Weltkrieg verursacht worden seien. Selenskij forderte die Abgeordneten daher auf, den Druck auf Moskau zu erhöhen und erläuterte, wie dies konkret aussehen soll: 

"Die Sanktionen gegen Russland müssen verschärft werden. Kontinuierlich. Sie müssen russisches Öl abstoßen, den Handel mit der Russischen Föderation blockieren, Häfen für russische Schiffe schließen."

Der ukrainische Staatschef fügte hinzu, der russische Angriff sei ein weiteres Argument dafür, "die grüne Wende" auf dem Kontinent zu beschleunigen", da die "wahnsinnigen Einnahmen aus dem Energiehandel der russischen Führungsriege erlauben, widerspenstig zu sein und allgemeine Regeln zu missachten".

In seiner Rede kam Selenskij auch auf Ungarn zu sprechen. Dem EU-Land warf der ukrainische Präsident vor, sein Land im Angesicht des russischen Angriffs nicht ausreichend zu unterstützen. Selenskij zufolge sollte die EU keinen Platz für "Zweigstellen" Russlands haben, die die Staatengemeinschaft "von innen heraus spalten und versuchen, Russland zu helfen, noch mehr Geld zu verdienen". Er fuhr fort:

"Jeder weiß, wer sich in der EU gegen Menschlichkeit und gesunden Menschenverstand stellt. Wer nichts für den Frieden in der Ukraine tut. Das muss gestoppt werden, und Europa sollte aufhören, die Ausreden aus Budapest zu akzeptieren."

Als die EU als Reaktion auf den Konflikt in der Ukraine beispiellose wirtschaftliche Sanktionen gegen Moskau verhängte, kündigte sie zugleich ihre Absicht an, sich von den russischen Energielieferungen abzukoppeln, räumte aber ein, dass dies Jahre dauern würde. Die EU ist in besonders hohem Maße von russischem Erdgas abhängig, das etwa 40 Prozent des Gesamtverbrauchs und 45 Prozent der Gesamtimporte ausmacht.

Ungarn seinerseits lehnte Versuche ab, die Energieeinfuhren aus Russland einzuschränken, und erklärte, es sei zur Deckung seines Grundbedarfs auf diese Importe angewiesen. Zudem hatte sich Budapest geweigert, Waffenlieferungen aus NATO-Staaten in die Ukraine durch sein Hoheitsgebiet zuzulassen, und sich dabei auf nationale Sicherheitsbedenken berufen.

Der Streit um die Energieressourcen hat zudem einen finanziellen Aspekt. Russland hatte jüngst angekündigt, dass es nicht länger beabsichtigt, Gas an "unfreundliche Nationen" gegen Dollar oder Euro zu verkaufen – zwei Währungen, die von westlichen Finanzinstituten abhängen. Im Rahmen der westlichen Sanktionen haben mehrere Staaten die auf diese Währungen lautenden nationalen Reserven Russlands beschlagnahmt. Moskau möchte daher, dass die künftigen Lieferungen in seiner Landeswährung, dem Rubel, bezahlt werden.

Die westlichen Staaten lehnten diese Forderung mit der Begründung ab, dass dies gegen bestehende Vertragsvereinbarungen verstoße. Die EU bereitet sich auf eine mögliche Eskalation der Spannungen und eine Unterbrechung der Lieferungen aus Russland vor.

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