Vermeintliche Einigkeit bei Gipfelmarathon: Statt neuer Sanktionen spricht G7 über Schlupflöcher

Staats- und Regierungschefs der G7 haben bei ihrem Treffen am Donnerstag diesmal keine neuen Sanktionen gegen Russland verhängt, sondern wollen sich auf "Schlupflöcher" konzentrieren. Bisher hatten Sanktionen nicht die erhoffte Wirkung erzielt.

Die Staats- und Regierungschefs der G7 haben sich bei ihrer Zusammenkunft am Donnerstag – zwischen einem NATO-Gipfel und einem EU-Gipfel in Brüssel – diesmal nicht auf neue Sanktionen geeinigt. Zwar hieß es bei dem Krisengipfel in Brüssel, dass weitere Sanktionen bei Bedarf folgen würden, die Gruppe sei dazu bereit. Doch vorerst wolle man sich auf eine engere Zusammenarbeit bei der Umsetzung bereits bestehender Sanktionen konzentrieren. Bestehende Sanktionen, die seit Wochen in Kraft sind, verfehlten die erhoffte Wirkung wohl, in Brüssel war von Schlupflöchern die Rede.

"Wir haben uns für eine nahtlose Umsetzung der Sanktionen entschieden", erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz.

Obwohl ein Großteil der internationalen Reserven des Landes eingefroren ist, konnte die russische Zentralbank den Rubel nach einem anfänglichen Einbruch stabilisieren, nicht zuletzt dank der hohen Rohstoffpreise und der anhaltenden Nachfrage nach Öl und Gas aus Russland, nicht nur in Europa.

In den Fokus rückten damit die Goldreserven der Zentralbank, die den Rubel stabilisieren. Am Donnerstag wurden neue Sanktionen vereinbart, die Russland Transaktionen mit Gold deutlich erschweren sollen. In einer auf dem G7-Gipfel vereinbarten Erklärung hieß es mit Blick darauf:

"Wir beauftragen die zuständigen Minister, im Rahmen einer gezielten Initiative die vollständige Umsetzung der Sanktionen zu überwachen und die Reaktionen auf Ausweichmanöver zu koordinieren, auch in Bezug auf Goldtransaktionen der russischen Zentralbank." Weiter fordern die G7 andere Staaten auf, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen.

"Ich habe die G7 heute als eine Einheit wahrgenommen", sagte Scholz, der in diesem Jahr den Vorsitz der G7 führt, nach dem Gipfel. Uneins waren sich die EU-Staats- und Regierungschefs hinsichtlich eines möglichen Importstopps für russische Energie. "Solange wir Energie aus Russland kaufen, finanzieren wir den Krieg", sagte Finnlands Ministerpräsidentin Sanna Marin in Brüssel.

Berlin gehört zu den ausgesprochenen Gegnern strengerer Sanktionen gegen die russische Energiewirtschaft. Rund 40 Prozent des Gases in der EU kommt aus Russland, außerdem 27 Prozent der Ölimporte und 46 Prozent der in die EU importierten Kohle.

Die USA verhängten zudem einseitig neue Strafmaßnahmen gegen Hunderte Abgeordnete des russischen Parlaments und weitere Mitglieder der russischen Elite sowie gegen russische Rüstungsunternehmen.

Auf ihrem Sondergipfel in Brüssel verständigten sich die G7 auf massive Aufrüstung. Beim späteren EU-Gipfel forderten Polen, die baltischen Staaten und Slowenien weitere Sanktionen gegen Russland, konnten sich jedoch nicht durchsetzen. Unter anderem Deutschland, Österreich, Italien und Ungarn stellten sich dagegen, auch andere Länder bemerkten, dass beispielsweise ein Energieembargo eher ein Bumerang für Europa wäre.

Der ehemalige russische Präsident und Ministerpräsident Dmitri Medwedew wurde am Freitag mit den Worten zitiert, es sei "töricht" zu glauben, dass westliche Sanktionen gegen russische Unternehmen irgendeine Wirkung auf Moskau haben könnten.
"Die Sanktionen werden die russische Gesellschaft nur konsolidieren und keine Unzufriedenheit der Bevölkerung mit den Behörden hervorrufen", so Medwedew, der auch stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates ist. "Wir sollten uns fragen: Kann einer dieser großen Geschäftsleute auch nur den geringsten Einfluss auf die Position der Führung des Landes haben?" so Medwedew und fügte die Antwort hinzu. "Ich sage Ihnen ganz offen: Nein, auf keinen Fall."

Den von US-Präsident Joe Biden angestrebten Ausschluss Russlands aus der G20-Gruppe der wichtigsten Wirtschaftsnationen hält Kremlsprecher Dmitri Peskow ebenfalls für nicht zielführend.

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