China hat die von westlichen Staaten gegen Russland verhängten Sanktionen wegen des Militäreinsatzes in der Ukraine als "illegal" bezeichnet und Washington für die Eskalation der Spannungen zwischen den beiden ehemaligen sowjetischen Nachbarn verantwortlich gemacht.
"Die Vereinigten Staaten haben Waffen in die Ukraine geschickt, die Spannungen verschärft, Panik ausgelöst und sogar die Möglichkeit eines Krieges heraufbeschworen", sagte die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Hua Chunying, am Donnerstag bei einem Briefing in Peking gegenüber Reportern.
"Im Gegensatz dazu hat China die ganze Zeit über alle Parteien dazu aufgerufen, die legitimen Sicherheitsbedenken der jeweils anderen Seite zu respektieren und ihnen Bedeutung beizumessen, sich um eine Lösung der Probleme durch Verhandlungen und Konsultationen zu bemühen und gemeinsam den Frieden und die Stabilität in der Region zu sichern." Die Schlüsselfrage sei die Rolle der USA, die sie als "Hauptschuldigen für die derzeitigen Spannungen" bezeichnete.
Bereits am Mittwoch schrieb die Sprecherin, dass sich die Situation durch die fünffache Erweiterung der NATO in Richtung der russischen Grenzen entwickelt habe, und fragte, ob die USA dabei die Konsequenzen mitbedacht hätten.
"Wenn jemand ständig Öl in die Flammen gießt und andere beschuldigt, nicht ihr Bestes zu tun, um das Feuer zu löschen, ist ein solches Verhalten eindeutig unverantwortlich und unmoralisch", sagte Hua während einer Pressekonferenz. China lehne "jede Aktion ab, die den Krieg anheizt", fügte sie hinzu.
Den USA warf sie Heuchelei vor und fragte, ob Washington die Souveränität und territoriale Integrität des Irak und Afghanistans respektiert habe, wo es "mutwillig unschuldige Menschen getötet" habe. Sie forderte die USA auf, "diese Fragen ernst zu nehmen und die Doppelmoral aufzugeben".
Die aktuellen Ereignisse ab Donnerstag beschrieb die Sprecherin als "komplex". Chinas Regierung verurteilt demnach die von mehreren westlichen Regierungen gegen Russland verhängten Sanktionen. "Wir lehnen alle illegalen einseitigen Sanktionen konsequent ab", sagte Hua und fügte hinzu, dass die US-Sanktionen gegen verschiedene Länder in den letzten 20 Jahren um das Zehnfache erhöht worden seien und sich als unwirksam erwiesen hätten.
Am Donnerstag genehmigte die chinesische Zollbehörde die Einfuhr von Weizen aus allen Regionen Russlands. Dies könnte dazu beitragen, die Auswirkungen möglicher westlicher Sanktionen wegen Moskaus Militäreinsatzes in der Ukraine zu verringern.
Kiew hatte die westlichen Staaten aufgefordert, härtere Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Nachdem der russische Präsident Wladimir Putin seine Entscheidung der Militäroperation in der Ukraine bekannt gegeben hatte, zeigten sich die USA und die G7 bereit, eine weitere Runde von Sanktionen zu koordinieren.
Laut Song Xin, der ehemaligen politischen Beraterin im Europäischen Parlament, haben Sanktionen im Falle Russlands nie wirklich funktioniert, um das Land von seiner geopolitischen Strategie abzuhalten. Die Maßnahmen bringen zwar einige Schwierigkeiten für die russische Bevölkerung mit sich, haben aber nie etwas an den grundlegenden Beziehungen zwischen Russland und dem Rest der Welt geändert, wie sie im internationalen chinesischen Sender China Global Television Network erklärt. Frühere Erfahrungen mit Einfuhrsanktionen haben zudem gezeigt, dass diese auf verschiedenen Wegen umgangen werden, wie Song Xin erläutert.
Dass die Bevölkerung sowohl in der Ukraine als auch in Russland bereits von einigen Maßnahmen getroffen wurde, zeigte sich durch lange Schlangen an Geldautomaten. Daten der russischen Zentralbank zeigen, dass die Nachfrage der Bevölkerung und der Unternehmen nach Bargeld auf den höchsten Stand seit März 2020 gestiegen ist. Am Donnerstag hoben die Russen mehr als 100 Milliarden Rubel (über 1 Milliarde Dollar) von ihren Konten ab.
Zhang Jun, der chinesische Botschafter bei den Vereinten Nationen, warnte zuvor, dass eine weitere Eskalation der Situation droht.
"China ist der Ansicht, dass die Tür für eine friedliche Lösung der Ukraine-Frage noch nicht vollständig geschlossen ist und auch nicht geschlossen werden sollte. Um eine Verschärfung des Konflikts zu vermeiden, wird China den Frieden und die Gespräche auf seine Weise weiter fördern", wurde Zhang von chinesischen Medien zitiert.
Am Freitag besprach der russische Präsident die Lage mit seinem chinesischen Amtskollegen.
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