In einer Rede vor dem britischen Unterhaus informierte Premierminister Boris Johnson laut der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch darüber, dass Kulturministerin Nadine Dorries die britische Medienaufsichtsbehörde Ofcom darum gebeten hat, den Betrieb des russischen Nachrichtensenders RT zu überprüfen. Als Begründung nannte Johnson die russische Stationierung von Truppen im Bereich der Ostukraine und dass Moskau die Donbass-Republiken Donezk und Lugansk anerkannt hatte.
Die britische Labour Party hatte am gestrigen Dienstag bereits ein Verbot des staatlich finanzierten russischen Fernsehsenders RT gefordert und dabei den Sender beschuldigt, "Propaganda" für Wladimir Putin zu verbreiten. Keir Starmer, der Vorsitzende der Labour Party, sagte den anwesenden Abgeordneten, dass die "Fehlinformationskampagne" des russischen Präsidenten bekämpft werden müsse, indem RT daran gehindert wird, "seine Propaganda in der ganzen Welt auszustrahlen", so die Darstellung des Guardian.
Ein Sprecher der britische Medienaufsichtsbehörde Office of Communications (Ofcom) äußerte sich laut dem Guardian dahingehend, dass seiner Meinung nach "alle Lizenznehmer die Regeln von Ofcom einhalten müssten", einschließlich "der gebotenen Genauigkeit und Unparteilichkeit". Er wird mit den Worten zitiert:
"Wenn Sender gegen diese Regeln verstoßen, werden wir nicht zögern, einzuschreiten."
In einer ersten Stellungnahme stellte Anna Belkina, stellvertretende Chefredakteurin von RT, gegenüber Reuters klar, dass "die operative und redaktionelle Unabhängigkeit von RT gegenüber allen Regierungen gesetzlich geschützt ist" und es auch schon immer war. Belkina betonte, dass die britische Medienaufsichtsbehörde Ofcom trotz des politischen Drucks in den letzten vier Jahren keinerlei Verstöße von RT gegen den Rundfunkkodex festgestellt hatte. Belkina wird laut der BBC mit den Worten zitiert:
"Es ist immer eine Freude zu sehen, wie westliche und insbesondere britische Politiker endlich ihre heuchlerische Verkleidung zugunsten einer offenen Einmischung in Institutionen fallen lassen, die sie als angeblich völlig unabhängig und frei von politischem Druck und Einmischung anpreisen."
Der britische Premier Johnson reagierte laut Medien bei seiner Rede im Unterhaus auf die verbale Attacke des Oppositionsführers Keir Starmer gegen den Sender RT mit der Feststellung:
"Wir leben in einer Demokratie, und wir leben in einem Land, das an die Meinungsfreiheit glaubt. Und ich denke, es ist wichtig, dass wir es der Ofcom und nicht den Politikern überlassen, zu entscheiden, welche Medienorganisationen verboten werden sollen – so wie es Russland tut."
In ihrem Brief an Ofcom-Chefin Melanie Dawes schrieb Dorries laut Variety, dass der Nachrichtensender RT "nachweislich Teil der globalen Desinformationskampagne Russlands" sei. Dorries wörtlich:
"Ich habe Bedenken, dass Sender wie RT, die nach Ansicht der Ofcom in der Vergangenheit wiederholt gegen den Rundfunkkodex verstoßen haben, auch versuchen werden, schädliche Desinformationen über die aktuelle Krise in der Ukraine zu verbreiten."
Update: In einem Brief der Medienaufsichtsbehörde Ofcom an Kulturministerin Nadine Dorries heißt es, dass die Ofcom "ihre Rolle als unabhängige Regulierungsbehörde für den Kommunikationssektor sehr ernst" nehme. "Sie hat die Aufgabe, die Meinungsfreiheit zu schützen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass das Fernseh- und Radiopublikum vor Schaden bewahrt wird."
Weiter heißt es in dem Schreiben: "Da wir den Ernst der Krise in der Ukraine erkannt haben, beobachten wir die Situation sehr genau und haben bereits unsere Aufsicht über die Berichterstattung über diese Ereignisse durch die Rundfunkanstalten im Vereinigten Königreich verschärft. Wir bearbeiten Beschwerden in diesem Bereich mit großer Dringlichkeit und werden nicht zögern, wenn nötig, rasch zu handeln. Ich bin zuversichtlich, dass wir über das gesamte Spektrum an Durchsetzungsinstrumenten verfügen, und unsere Erfolgsbilanz zeigt, dass wir, wenn wir einen Verstoß gegen unsere Vorschriften feststellen, Maßnahmen ergreifen können und dies auch tun. Wie immer werden wir über alle Untersuchungen, die wir einleiten, und deren Ergebnisse vollkommen transparent sein."
Alle Lizenznehmer hätten laut Behörde sicherzustellen, dass Nachrichten "mit der gebotenen Genauigkeit berichtet und mit der gebotenen Unparteilichkeit präsentiert werden". Es sei akzeptabel, "dass Rundfunkanstalten Themen aus einer bestimmten Perspektive darstellen, vorausgesetzt, dass auch alternative Ansichten und Meinungen vertreten werden. Es ist für keinen unserer Lizenznehmer zulässig, einseitige Propaganda zu senden."
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