Chinesische Experten haben erklärt, dass Russland starke Kapazitäten habe, um Sanktionen der USA und der EU standzuhalten, wie die chinesische Zeitung Global Times am Dienstag schrieb. Das Land habe aufgrund der bereits in den letzten Jahren bestehenden Sanktionen gelernt, mit den Auswirkungen von Sanktionen umzugehen. Moskau habe auf die Diversifizierung seiner Energieexporte gesetzt. Das sei ein Prozess, der keine ernsten Schwierigkeiten bereite.
Russland müsse sich jedoch darauf vorbereiten, aus dem Bankennetzwerk SWIFT ausgeschlossen zu werden. Das wurde aufgrund der enormen möglichen Auswirkungen als "nukleare Option" des Westens bezeichnet. Bis zu 40 Prozent seiner Energieeinnahmen könnten dadurch verloren gehen, und der Ausschluss hätte ernste längerfristige Auswirkungen auf die russische Wirtschaft. Die Experten schätzten jedoch die Wahrscheinlichkeit eines solchen Schritts als gering ein.
Die westlichen Sanktionen seien eher symbolischen Charakters, so die chinesischen Experten. Es sei unwahrscheinlich, dass sie wirklichen Schaden auf die russische Wirtschaft ausüben werden.
Cui Hongjian, Direktor der Abteilung für Europäische Studien am Institut für Internationale Studien Chinas, erklärte:
"Die erste Serie von Sanktionen richtet sich weder gegen bestimmte Branchen noch gegen den Kern der russischen Wirtschaft, so dass die Auswirkungen minimal sind."
Die weiteren angekündigten Sanktionen könnten laut Cui weitreichendere Wirkungen entfalten, wenn sie umgesetzt würden. Sie sollen sich auf die Gebiete der Energiewirtschaft, der Finanzen und des Militärs erstrecken.
Die Biden-Regierung schlug vor, die Ausfuhr von Technologie nach Russland und den Zugang russischer Firmen zum Dollar zu verhindern, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Am Sonntag hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gewarnt, dass Russland weitgehend von den internationalen Finanzmärkten abgekoppelt werden und sein Zugang zu wichtigen Exportgütern beschnitten werden könnte, wenn Moskau "die Ukraine angreift".
Cui verwies auf die Möglichkeit, dass US-Sanktionen den Zugang des russischen Militärs zu Rohstoffen und Ausrüstung beschränken könnten. Ein anderer Experte, Li Jianmin, Forscher an der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften, machte auf einen weiteren Aspekt aufmerksam:
"Jedoch hatte der Westen russische Militär- und Hightech-Unternehmen bereits 2014 auf die schwarze Liste gesetzt. Es bleibt also unklar, ob die USA ihr Embargo nutzen könnten, um Druck auf Russland auszuüben."
Der Westen sei sich uneins, ob Russland von SWIFT abgekoppelt werden solle, da der Handelsumfang europäischer Staaten mit Russland enorm und der Kontinent auch auf russisches Erdgas angewiesen sei.
Li zufolge bereitet sich Russland seit langem auf mögliche neue Sanktionen des Westens vor. Zu den vorbereitenden Schritten, die Moskau unternommen habe, gehören ihm zufolge die Vermeidung des US-Dollars bei manchen internationalen Geschäften, das Abstoßen von US-Staatsanleihen und der Aufbau seiner Devisenreserven. Zudem habe Russland seit 2014 ein alternatives Finanznetzwerk namens SPFS aufgebaut, über das inzwischen ein Fünftel seiner inländischen Transaktionen liefen.
"Russland hat Drucktests durchgeführt, um herauszufinden, wie seine Wirtschaft im Extremfall funktionieren würde, wozu wohl auch der Abbruch der Verbindungen zur Außenwelt gehört. Aber selbst in einem solchen Fall ist Russland in der Lage, seine eigene Versorgung zu sichern, da es über ein großes Gebiet und reichlich Ressourcen verfügt."
Cui stimmte dem zu und ergänzte, dass Russland nur bedingt auf den Weltmarkt angewiesen sei – eigentlich nur in Bezug auf den Energiemarkt und den Militärsektor. Das spreche dafür, dass Russland westlichen Sanktionen weitgehend widerstehen könne.
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