Weder Washington noch seine Verbündeten haben angeblich die Absicht, die Ukraine mit Atomwaffen auszustatten. Das verkündete Linda Thomas-Greenfield, die US-Gesandte bei den Vereinten Nationen, auf einer Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats. Diese wurde einberufen, nachdem Moskau zwei abtrünnige Republiken in der Ostukraine anerkannt hatte.
Die Diplomatin argumentierte, dass auch Kiew nicht danach strebe, Atomwaffen anzuschaffen, obwohl der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij vor kurzem erklärt hatte, dass sein Land das jahrzehntealte Versprechen, ein Nicht-Atomstaat zu bleiben, aufgeben könnte. Thomas-Greenfield erklärte am Montag:
"Die USA und unsere Verbündeten haben nicht die Absicht, der Ukraine Atomwaffen zu liefern, und die Ukraine will sie auch nicht."
Die Aussicht auf eine nuklear bewaffnete Ukraine hat in Moskau für Besorgnis gesorgt, nachdem der ukrainische Staatschef erst kürzlich eine solche Möglichkeit angedeutet hatte. In seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz am Samstag forderte Selenskij zu Gesprächen über die Umsetzung des Budapester Memorandums von 1994 auf, in dem die Ukraine ihre Atomwaffen im Gegenzug für Sicherheitsgarantien aufgab. Er argumentierte, dass Kiew am Ende "weder Waffen noch Sicherheit" erhalten habe und kündigte an, dass er das Memorandum "in Frage stellen" werde, falls seine Forderung nach einer Überprüfung der Bedingungen des Abkommens nicht erfüllt werde.
Auf einer Sondersitzung des russischen Sicherheitsrates, die unmittelbar vor der Anerkennung der Volksrepubliken Donezk und Lugansk in der Ostukraine stattfand, erklärte der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu, dass Kiew in der Lage sei, taktische Atomwaffen zu entwickeln und sogar einen Vorsprung vor Iran und Nordkorea habe.
In ihrer Rede vor den UN warf Thomas-Greenfield dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, Anspruch auf ehemalige Gebiete des Russischen Reiches zu erheben, darunter "die gesamte Ukraine" sowie Finnland, Weißrussland, Georgien, Moldawien, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan, die drei baltischen Staaten und "Teile Polens und der Türkei".
In seiner ausführlichen Ansprache an die Nation am Montag beklagte Putin in einem Nebensatz die damalige Entscheidung der bolschewistischen Regierung Russlands, den "demütigenden" Friedensvertrag von Brest-Litowsk aus dem Jahr 1918 mit Deutschland zu unterzeichnen. Dem Dokument zufolge musste das Russische Reich riesige Gebiete abtreten und alle territorialen Ansprüche unter anderem in Finnland, Estland, Lettland, Litauen, dem größten Teil Weißrusslands und der Ukraine aufgeben. Der russische Präsident rief jedoch nicht zu einer Rückkehr zu den Grenzen des Russischen Reiches von vor 100 Jahren auf, sondern betonte:
"Natürlich können die Ereignisse der Vergangenheit nicht geändert werden, aber wir müssen zumindest direkt und ehrlich über sie sprechen, ohne Vorbehalte und ohne politische Untertöne."
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