Die USA arbeiten mit den EU-Partnern zusammen, um die Zertifizierung der Erdgaspipeline Nord Stream 2 zu stoppen, und ermutigen Deutschland, die Pipeline nicht offiziell zu genehmigen, sagte die derzeitige Staatssekretärin für politische Angelegenheiten im US-Außenministerium für Victoria Nuland.
Auf einer Pressekonferenz am Dienstag erklärte Nuland, dass man in Washington weitere Sanktionen gegen das System erwägt, falls Russland in die Ukraine eindringen werde. Nuland ist weltweit vor allem für ihren "Fuck the EU"-Kommentar nach dem Maidan-Aufstand in der Ukraine im Jahr 2014 bekannt geworden. Diese Bemerkung kam aus ihrem Mund während eines abgehörten Telefongesprächs zwischen Nuland und dem damaligen US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey R. Pyatt, aus dem klar wurde, dass sie beide gerne selbst (anstelle der EU-Präferenzen) die neue politische Führung des Landes bestimmen wollten.
Der Doppelstrang Nord Stream 2 wurde im September 2021 baulich fertiggestellt, muss aber noch zertifiziert werden und hat daher bis heute noch nicht den Betrieb aufgenommen. Die Pipeline soll mit der gleichen Kapazität wie die nahezu parallel seit 10 Jahren betriebene Leitung Nord Stream 1 Erdgas aus Russland direkt nach Deutschland leiten und lässt dabei naturgemäß Drittländer außen vor, was den Gaspreis für die Abnehmer in Westeuropa erheblich mindern könnte. Washington hat das Projekt bereits seit der Bauphase wiederholt mit Sanktionen belegt und behauptet, es bedrohe die "Energiesicherheit" Europas. Befürworter der Pipeline haben den USA vorgeworfen, sie versuchten auf zynische Weise, die Pipeline zu stoppen, um eigenes Flüssigerdgas (LNG) auf dem europäischen Kontinent verkaufen zu können. Nuland sinniert nun:
"Was wir jetzt tun, ist, mit den Deutschen zusammenzuarbeiten, mit der EU zusammenzuarbeiten, um ihre Überlegungen zur Umsetzung der Pipeline zu verlangsamen. Die deutsche Regierung hat wichtige Schritte unternommen, um dies zu erreichen, und sie hat auch die Vereinbarung bestätigt, die wir mit der vorherigen Regierung in Bezug darauf hatten, was mit Nord Stream 2 passiert – nämlich, dass das ausgesetzt wird, wenn Russland die Ukraine angreift."
Der Vorgang zur Genehmigung des Projekts, die eigentlich noch in diesem Monat hätte erteilt werden können, wurde Mitte November von der Bundesnetzagentur ausgesetzt, da der Betreiber über keinen Standort in Deutschland verfüge. Obwohl Berlin die Verzögerung lediglich als einen Zwischenstopp bezeichnete, scheinen die USA zu versuchen, daraus einen dauerhaften Abbruch zu machen.
Anfang dieser Woche deutete auch der einflussreiche deutsche CDU-Politiker und Ministerpräsident des Freistaates Sachsen Michael Kretschmer an, dass seiner Meinung nach die USA die umstrittene Erdgaspipeline aus eigennützigen wirtschaftlichen Gründen aus dem Verkehr ziehen wollen. Kretschmer verlautbarte:
"Was uns alle in den letzten Monaten am meisten beschäftigt hat, ist die Gaspipeline Nord Stream 2, die von den Amerikanern aus energiepolitischen Eigeninteressen torpediert wurde."
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