Die staatliche weißrussische Nachrichtenagentur Belta veröffentliche am Freitag ein Interview mit einem, wie der Mann von sich behauptet, polnischen Armeeangehörigen, der einige Tage zuvor aus der polnischen Armee desertiert ist und politisches Asyl in Minsk beantragt hat.
Der Mann heißt Emil Czeczko und legte laut Darstellung der weißrussischen Nachrichtenagentur einen polnischen Militärausweis auf diesen Namen vor.
In dem Interview behauptet der Überläufer, dass es in den vergangenen Monaten zu Tötungen von Migranten, die illegal die weißrussisch-polnische Grenze überschritten hatten, gekommen ist. Soldaten der polnischen Armee seien zu den Grenzschützern abgeordnet und von diesen gezwungen worden, Migranten zu exekutieren. Zuvor habe man die Soldaten unter Alkohol gesetzt. Er selbst sei ebenfalls zu Exekutionen gezwungen worden:
"Einer der anderen Grenzbeamten verlangte, dass wir unsere Waffen nachladen. Als wir fragten, warum, sagten sie, wir sollen nachladen und fingen an, auf unsere Köpfe zu zielen, damit wir schießen. Bei der ersten Patrouille waren wir betrunken, unterwegs haben wir einen einsamen Flüchtling erwischt. Wir brachten ihn in den Wald, schaufelten ein Grab, und direkt vor unseren Augen schossen ihm die Grenzposten in den Kopf."
Czeczko erklärte weiter, er wisse von mindestens zwei Fällen, in denen freiwillige Helfer bzw. Pro-Migrations-Aktivisten getötet wurden. Er selbst sei bei einem dieser Fälle Augenzeuge gewesen.
Er fordert, dass das Rote Kreuz die Vorfälle untersucht und Zugang zu den grenznahen Wäldern, in denen die Leichen der Migranten verscharrt worden sein sollen, erhält.
Warschau leugnete zunächst, dass es einen Soldaten dieses Namens überhaupt gibt. Später räumte die polnische Seite ein, dass Emil Czeczko in den Reihen der polnischen Armee dient. Die Einlassungen wechselten in schneller Abfolge von der bloßen Bestätigung, dass er vermisst werde, über die Behauptung, Czeczko sei gefallen und der Meldung, er habe gekündigt, zu der derzeit verbreiteten Darstellung, es handele sich bei ihm um einen Alkoholiker und Drogenabhängigen. Auch soll er "Probleme mit der Justiz" gehabt haben.
Mariusz Blaszczak, der Verteidigungsminister Polens, twitterte am Freitag zum Fall des Deserteurs:
"Ein gestern vermisster Soldat hatte ernsthafte Probleme mit dem Gesetz und trat aus der Armee aus. Er sollte niemals dem Grenzdienst zugeteilt werden. Ich habe um eine Erklärung gebeten, wer dafür verantwortlich ist."
Eine Anfrage von RT DE an die Pressestelle des polnischen Außenministeriums, die erhobenen Anschuldigungen zu kommentieren, ist bislang nicht beantwortet worden.
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