Großbritannien will Gesetz zu Menschenrechten überarbeiten, um Abschiebungen zu erleichtern

Nach dem Brexit will sich Großbritannien auch juristisch stärker von der EU abkoppeln. Ein Gesetz zu Menschenrechten soll reformiert werden, um ausländische Straftäter leichter ausweisen zu können. Kritiker sprechen jedoch von der Aushöhlung des unabhängigen Rechtssystems.

London plant, das Gesetz zu Menschenrechten zu reformieren. Ziel ist es vor allem, illegal eingereiste Menschen einfacher abschieben zu können. Kritiker werfen der konservativen Regierung von Premierminister Boris Johnson vor, das unabhängige Rechtssystem aushöhlen zu wollen.

Das Justizministerium teilte am Dienstag mit, die Maßnahmen stärkten die Möglichkeit, ausländische Kriminelle abzuschieben, "die allzu oft die Menschenrechtsgesetze missbrauchen, um einer Abschiebung zu entgehen". Justizminister Dominic Raab kündigte an, "typisch britische Rechte wie Redefreiheit und Geschworenengerichtsverfahren" zu stärken und "eine gesunde Portion Menschenverstand" hinzuzufügen.

Die konservative Regierung macht den 1998 erlassenen Human Rights Act, der Großbritannien an die Europäische Menschenrechtskonvention bindet, dafür verantwortlich, dass Menschen, die illegal einreisen, nicht einfach abgeschoben werden können.

Mit den Maßnahmen werde die Rolle des britischen Parlaments als letzter Entscheidungsträger für Gesetze wiederhergestellt und "mehr Entscheidungsspielraum" bei der Auslegung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg geschaffen, hieß es aus dem Justizministerium weiter. Ziel sei es, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den Rechten des Einzelnen, der persönlichen Verantwortung und dem breiteren öffentlichen Interesse zu finden.

Großbritannien hat – anders als Deutschland – keine in einem einzelnen Dokument niedergelegte Verfassung. Sie besteht stattdessen aus einer ganzen Reihe von Gesetzen, Gerichtsentscheidungen und Konventionen. Die Verfassung entwickelt sich durch Gesetzgebung oder neue Interpretationen bestehender Regeln ständig weiter und wird neuen Verhältnissen angepasst. Justizminister Raab schrieb auf Twitter: 

"In diesem Land haben wir eine stolze Tradition der Freiheit, die wir schätzen und pflegen müssen. Heute habe ich dem Parlament dargelegt, wie eine moderne 'Bill of Rights' unsere Freiheiten stärken und gleichzeitig den Missbrauch des Systems eindämmen wird."   

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(rt/dpa)