von Tom Fowdy
Vor etwa einer Woche haben die Vereinigten Staaten Gerüchte an die Medien durchsickern lassen, dass China in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eine "geheime Militäreinrichtung" baue, was Washington gestoppt habe. Dass China es geschafft haben soll, ein sogenanntes "mehrstöckiges Gebäude" in einem fremden Land zu errichten, ohne entdeckt zu werden, ist zwar kaum zu glauben, aber die westlichen Medien stellten es trotzdem als Tatsache dar.
In letzter Zeit häufen sich ähnliche Berichte, in denen Peking beschuldigt wird, "geheime" Militäreinrichtungen bauen zu wollen, darunter eine in Kambodscha und eine weitere in Äquatorialguinea.
Die USA – ein Land, das weltweit Hunderte von Militärstützpunkten in Übersee unterhält – sind also der Ansicht, dass Peking kein Recht auf einen einzigen Militärstützpunkt hat. Abgesehen davon und in Bezug auf die Vereinigten Arabischen Emirate fügt sich das in ein breiteres Muster ein, bei dem Washington darauf bedacht zu sein scheint, Chinas Beziehungen zu der wohlhabenden Ölmonarchie zu untergraben.
Dieser Staat ist seit vielen Jahren ein wichtiger "strategischer Partner" der USA, der sich jedoch Peking gegenüber zunehmend aufgeschlossen zeigt, was ihn in eine schwierige Lage bringt, da sich die geopolitische Rivalität zwischen den USA und China aufheizt. Die Biden-Regierung hatte zuvor den Verkauf von F-35 an die Emirate an die Bedingung geknüpft, dass Abu Dhabi das chinesische Unternehmen Huawei aus seinem 5G-Netz entfernt, eine Forderung, die anscheinend noch nicht erfüllt wurde.
Warum sind die VAE strategisch so wichtig? Als ehemaliges britisches Protektorat, das in den 1970er Jahren in die Unabhängigkeit entlassen wurde, sicherte der neue Staat sein politisches Überleben und seinen Wohlstand durch eine "Patronatsbeziehung" mit dem Westen. Im Gegenzug für die Unterstützung der politischen Ziele des Westens im Nahen Osten und die Bereitstellung reichhaltiger Ölvorkommen gewährten die USA und ihre Verbündeten dem kleinen Staat politische Sicherheit gegenüber seinen Gegnern, wie Iran oder Irak. Infolgedessen dienten die VAE buchstäblich als "militärische Abschussrampe" in der Region als Teil einer von den Saudis geführten, US-freundlichen Ordnung im Nahen Osten.
Sie beherbergen Luftwaffenstützpunkte für die USA und Frankreich. Sie kaufen Waffen vom militärisch-industriellen Komplex der USA und haben auf US-amerikanisches Drängen hin im Jahr 2020 im Rahmen des Abraham-Abkommens die Beziehungen zu Israel normalisiert. Die Vereinigten Arabischen Emirate sind bekannt für ihren immensen Reichtum aufgrund ihrer Erdölvorkommen.
Aber die Welt verändert sich. Da sich die Welt langsam auf Elektrofahrzeuge und erneuerbare Energien zubewegt, wird Öl für die Golfmonarchien keine unerschöpfliche Quelle des Wohlstands mehr sein. Dies zwingt sie dazu, langfristige Strategien zur wirtschaftlichen Diversifizierung in Betracht zu ziehen und Einnahmen aus anderen Bereichen zu erzielen. Wie man kürzlich bei der Umgestaltung der traditionellen islamisch-arabischen Arbeitswoche sehen konnte, bemühen sich die Vereinigten Arabischen Emirate seit langem, sich zu einer auf Tourismus und Einzelhandel ausgerichteten Wirtschaft zu entwickeln und ein "Knotenpunkt der Welt" zu werden. Um dies zu erreichen, hat Abu Dhabi einen beträchtlichen Teil seiner Strategie darauf ausgerichtet, sich nach Osten zu wenden und über seine traditionellen Schutzherren hinaus starke Beziehungen zu China und Indien aufzubauen.
Trotz der wirtschaftlichen Diversifizierung werden die derzeitigen Anreize und die Oststrategie der VAE durch die Tatsache unterstrichen, dass das Land bereits mehr Energie an China als an die USA verkauft und damit den traditionellen Einfluss Washingtons untergräbt.
Außerdem sind die Emirate Teil der Gürtel- und Straßeninitiative, haben beträchtliche Investitionen in China getätigt, den Handel mit China ausgebaut und sind bedeutende Kunden von Huawei. Sie verließen sich auf China als erste Anlaufstelle für Impfstoffe und haben häufig Pekings Position zu Xinjiang unterstützt. Aus strategischer Sicht sind die führenden Politiker der Emirate der Ansicht, dass die Entwicklung von Beziehungen zu einem anderen nicht-liberaldemokratischen Staat, der nicht vom Westen abhängig ist, langfristige politische Interessen und Sicherheiten bietet. Insgesamt bedeutet dies eine deutliche Hinwendung zu China.
Diese zunehmend engere Beziehung beginnt, die rote Linien der USA zu überschreiten. Die VAE befinden sich in einer strategischen Position am Golf von Oman, der in den Indischen Ozean mündet, was bedeutet, dass ihre politische Zugehörigkeit für Washingtons Bestreben, den "Indopazifik" gegenüber China zu dominieren, von Bedeutung ist.
Zudem haben sich die Emirate auch von ihren traditionellen Waffenlieferanten abgewandt und finden beispielsweise Gefallen an den Drohnen Chinas und Russlands. Diese Entwicklungen haben die USA besorgt, dass ihre Macht über ihren langjährigen regionalen "Klienten" ins Wanken geraten könnte. Das führte zu einer Gegenbewegung gegen Chinas Rolle in der Region.
Dazu gehörte, wie bereits erwähnt, der Versuch, den Verkauf von F-35 an die VAE als Gegenleistung für die Abschaffung von Huawei durchzusetzen – ein Geschäft, das noch nicht abgeschlossen ist – und jetzt der Vorwurf, dass Peking versucht habe, völlig unbemerkt eine Militäreinrichtung in dem Land zu bauen.
Was Washington jedoch unterschätzt, ist die Tatsache, dass ein Staat wie die VAE nicht mehr gewillt zu sein scheinen, nur eine strategische Klientenbeziehung zu unterhalten. Sie wollen sich einen politischen Freiraum verschaffen, und zwar mit so vielen Partnern, wovon sie profitieren können, und dazu gehört auch die Vielfalt innerhalb des Westens. Inmitten der F-35-Kontroverse kam Frankreichs Präsident Macron letzte Woche ins Land und besiegelte einen Vertrag über den Kauf von mehr als 80 Rafale-Jets durch die VAE. Macron wollte sich damit für die AUKUS-Kontroverse rächen, bei der die USA Australien zwangen, ein Geschäft mit Frankreich abrupt zu kündigen, um stattdessen seine Atom-U-Boote zu kaufen. Abu Dhabi bestritt später, dass es bei dem Geschäft um den "Ersatz" der US-amerikanischen F-35 ging, aber die Botschaft an Washington war offensichtlich. In derselben Woche schickten die VAE einen hochrangigen Beamten zu Gesprächen in den Iran und überbrachten damit weitere schlechte Nachrichten für die USA. Beide Vorfälle zeigen, dass Washingtons Einfluss auf das Land schwächer wird.
Die USA versuchen, China aus den VAE zu vertreiben, aber es ist unwahrscheinlich, dass dies gelingt. Washington hat schon oft versucht, auf seine Verbündeten und Partner Zwang auszuüben, um sie in China-Angelegenheiten auf Linie zu bringen, meist mit dem Hinweis auf Sicherheitsabhängigkeiten. In Europa hat dies in der Regel funktioniert, und man ging davon aus, dass die VAE, die lange Zeit vom US-amerikanischen Wohlwollen abhängig waren, sich ebenfalls fügen würden.
Abu Dhabi ist jedoch ein Partner, der in erster Linie durch seine eigenen Interessen und nicht durch "gemeinsame Werte" motiviert ist und der seinen Schwerpunkt in einem sich ständig verändernden geopolitischen Kontext allmählich verlagert hat. Das Land sieht China, wie andere Staaten auch, als einen zunehmend wichtigen Partner in politischen und wirtschaftlichen Fragen.
Auch wenn China die militärische Bedeutung der USA für die VAE nicht sofort übernehmen kann, so ist es doch in vielerlei Hinsicht offensichtlich, dass es Washington schwerfallen wird, Peking aus dem Land zu verdrängen. Die VAE sind keine westliche Demokratie. Die USA können sich nicht auf die Menschenrechte berufen, auf den Standpunkt "Freiheit gegen Autorität" und auf die Manipulation der Zivilgesellschaft, um ihre Agenda zu propagieren, wie sie es anderswo getan haben. Sie müssten Abu Dhabi davon überzeugen, dass China eine physische Bedrohung für die nationale Souveränität und Sicherheit darstellt, und das ist keine überzeugende Argumentation; deshalb gibt es solche albernen Geschichten wie diese über geheime Militärbasen.
Letztlich strebt Abu Dhabi an, seine staatliche Integrität zu bewahren und wirtschaftliche Diversifizierung zu erreichen, und obwohl Washington für diese Ziele bisher wichtig war, werden sich die emiratischen Staatslenker an denjenigen wenden, der dies bietet, sei es nun Frankreich oder China. Willkommen, Washington, in einer multipolaren Welt.
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Tom Fowdy ist ein britischer Autor und Analytiker für Politik und internationale Beziehungen mit Schwerpunkt Ostasien. Er twittert unter @Tom_Fowdy
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