Am Dienstag veröffentlichte das Onlineportal The Intercept Informationen über die geleakte Facebook-Liste der "gefährlichen Personen und Organisationen". Das rund hundert Seiten starke Dokument beinhaltet "fast alles", was von den USA oder deren Verbündeten als Feind oder Bedrohung angesehen wird, so der Bericht. Mehr als die Hälfte der besagten Liste bestehe aus angeblichen Terroristen aus dem Ausland.
Aktivisten bezeichnen die Liste als "ein unverantwortliches System, das bestimmte Gemeinschaften unverhältnismäßig bestraft", wie auf der Webseite von The Intercept zu lesen ist. Dabei würden Terrorismusverdächtige vorwiegend aus dem Nahen Osten oder Südasien kommen und seien muslimisch, während mutmaßliche Gewalttäter "überwiegend Schwarze und Latinos" sein. Gleichzeitig, so die Zeitung, ist das Verbot, über "überwiegend weiße regierungsfeindliche Milizen zu diskutieren", weitaus lockerer.
Fast 1.000 Einträge im Terrorismus-Teil der Liste stammen aus der vom US-Finanzministerium geführten Sanktionsliste der speziell eingestuften globalen Terroristen (Specially Designated Global Terrorists, SDGT). Verbündete des Islamischen Staates (IS) und der Al-Qaida werden auf derselben Ebene geführt wie die Hamas und die Hisbollah, die Taliban, die militanten Huthi im Jemen. Das gleiche gilt für Organisationen, die mit dem Korps der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC) in Iran verbunden sind, wie zum Beispiel die iranische Traktor Produktionsgesellschaft (Iran Tractor Manufacturing Company).
Die kommunistischen Parteien Indiens und der Philippinen stehen ebenfalls auf der Liste, ebenso wie die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die von der Türkei als terroristische Organisation eingestuft wird – nicht aber von den USA. Weitere bemerkenswerte Namen sind der japanische Todeskult Aum Shinrikyo und die sogenannte Atomwaffen Division, eine US-amerikanische Gruppe weißer Rassisten, von der kürzlich bekannt wurde, dass sie heimlich vom FBI unterstützt wird.
In der Kategorie Organisiertes Verbrechen sind die großen US-amerikanischen Straßenbanden Crips, Bloods und Latin Kings, mexikanische Drogenkartelle wie Sinaloa, Tijuana und Los Zetas, eine Reihe organisierter Verbrecherbanden in Brasilien sowie die Mara Salvatrucha und die berüchtigte MS-13 aufgeführt.
Interessant wird es in der Kategorie Hassgruppen. Dort sind neben den Nazis des Zweiten Weltkriegs Dutzende "hasserfüllte" Musikbands, Organisationen wie Knights Templar International, Proud Boys und das neonazistische Asow-Bataillon aus der Ukraine aufgeführt. Auch die English Defence League, die Génération Identitaire und ihre Schwesterorganisationen in weiteren europäischen Landern und den USA, eine kanadische Studentengruppe namens Students for Western Civilisation und die Männerrechtsaktivisten von A Voice For Men sind bei Facebook gelistet.
In der Kategorie "Militarisierte soziale Bewegung" finden sich Gruppierungen wie die 3 Percent Security Force und die Boogaloo-Bewegung, aber auch die Black Panther Militia (allerdings nicht die gesamte Bewegung). Die Liste enthält Dutzende von Namen obskurer Organisationen, darunter Bay Watch Militia, Hillbilly Militia Squad und eine Organisation namens "Protect Falcon From Anarchy".
Direkt nebeneinander gelistet sind die Anti-Kommunismus-Miliz, Anti-Terrorismus-Miliz, Anti-Trump-Miliz und Anti-Antifa-Miliz-Organisation of Wisconsin. Und das ist nur "Abschnitt A". Die Kategorie der hasserfüllten Personen umfasst Verbrecher der Geschichte wie Adolf Hitler und seinen italienischen Verbündeten Benito Mussolini, aber auch den Incel-Schützen Elliot Rodger, den Gründer der Proud Boys Gavin McInnes (aufgeführt als "McGinnes"), den Kommandeur des Asowschen Bataillons Andrei Bilezki, den britischen Aktivisten Tommy Robinson und den US-amerikanischen Internet-Kommentator Nickholas Fuentes, um nur einige zu nennen.
Die Veröffentlichung der schwarzen Liste von Facebook erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die Social-Media-Plattform von Mark Zuckerberg unter dem Druck von Medienunternehmen und Politikern in den USA steht. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, nicht genug für den "Schutz der Demokratie" zu tun. Frances Haugen, eine ehemalige Facebook-Mitarbeiterin, sagte vergangene Woche als Zeugin im US-Senat über die angeblichen Missetaten des Onlinedienstleisters aus. Eine weitere ehemalige Mitarbeiterin, Sophie Zhang, tourt diese Woche für Interviews durch die USA.
Mehr zum Thema - Wie viel wissen wir wirklich über die Facebook-Insiderin Frances Haugen?