Am 7. Oktober gibt die Schwedische Akademie die Trägerin oder den Träger des Nobelpreises 2021 für Literatur bekannt. Im prunkvollen Börsenhaus in der Altstadt von Stockholm geht um 13 Uhr eine schwere Tür auf, ein Sprecher tritt hindurch und verkündet die Entscheidung.
Die Vorschläge hatte die Akademie bis zum 31. Januar entgegen genommen. Sie mussten schriftlich eingereicht werden, mit oder ohne Begründung. Durchschnittlich 300 Vorschläge gehen in jedem Jahr ein. Nicht zulässig ist, sich selbst vorzuschlagen. Im Frühling stellt die Akademie dann eine Liste von etwa 20 Kandidaten auf, die sie noch vor der Sommerpause auf fünf Namen reduziert.
Dann beginnt die Zeit der Spekulationen und Wetten. Die Buchhandlungen der Stadt legen im frühen Herbst die Bücher der vermeintlichen Favoriten in die Schaufenster. Seit mehreren Jahren sind darunter die zwei Kanadierinnen Margaret Atwood und Anne Carson. Sie gehören zu den Autoren, die international gleichermaßen anerkannt und beliebt sind.
Auf den wichtigsten Wettlisten steht in diesem Jahr aber der Japaner Haruki Murakami ganz oben. Allerdings nicht zum ersten mal. Der Autor, geboren 1949, schrieb Romane und Erzählungen, viele davon mit surrealistischen Elementen. Auf den Plätzen folgen wa Thiong'o (Kenia), Carson, die Russin Ljudmila Ulitzkaja sowie Atwood und Maryse Condé (französisches Überseegebiet).
Der deutsche Literaturkritiker Denis Scheck nannte der Deutschen Presse-Agentur seinen Favoriten. Er spricht von dem 84-jährigen US-Amerikaner Thomas Pynchon als dem Schriftsteller, dem er den Preis am meisten gönnen würde und weist auf das Buch "Gravity's Rainbow" (Die Enden der Parabel) hin. Dann sei da aber auch ein deutscher Schriftsteller, der 94-jährige Martin Walser. "Er hat natürlich ein titanisches Werk geschaffen." Man müsse sich aber auch immer vor Augen führen, dass große Literaten wie Franz Kafka, James Joyce und Marcel Proust den Preis nicht bekommen haben.
Nach der Ehrung mehrerer europäischer und nordamerikanischer Preisträger könnte die Akademie aber auch weiter in die Ferne schauen. "Ich glaube, sie wollen wirklich ein Genie aus einem bisher vernachlässigten Gebiet entdecken", meint Jonas Thente, Literaturkritiker bei der schwedischen Tageszeitung Dagens Nyheter. Er schlug "jemanden mit einem primären Interesse an interkulturellen Erfahrungen" vor, wie die 44-jährige in Nigeria geborene Chimamanda Ngozi Adichie. "Sie ist wahrscheinlich zu jung, aber sie würde ins Profil passen."
Im vergangenen Jahr gab es bei der Bekanntgabe der Gewinnerin eine große Überraschung. Der Name der Poetin Louise Glück aus den USA war nicht weithin bekannt.
Die Nobelstiftung bereits mitgeteilt, dass die glanzvolle Preisverleihung und das Bankett, das traditionell im Dezember in Stockholm für die Wissenschafts- und Literaturpreisträger stattfindet, aufgrund der Pandemie in diesem Jahr ausfällt. Wie im letzten Jahr werden die Preisträger ihre Auszeichnungen in ihren Heimatländern erhalten.
Der Literatur-Preis ist mit zehn Millionen Kronen dotiert, die etwa 980.000 Euro entsprechen. Eine Teilung wie bei anderen Nobelpreisen ist nicht üblich.
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(dpa/rt)