Russland und die Vereinigten Staaten haben ihre Gespräche über eine atomare Rüstungskontrolle fortgesetzt. Delegationen beider Länder trafen sich am Donnerstag in Genf, wie die russische Seite bei Twitter mitteilte. Nach Ansicht des stellvertretenden russischen Außenministers Sergei Rjabkow hat die neue Konsultationsrunde gezeigt, dass beide Staaten bereit sind, den Prozess voranzutreiben. Jedoch haben beide Seiten noch kaum eine gemeinsame Basis.
"Wir haben weiterhin das gesamte Spektrum der Fragen im Zusammenhang mit der strategischen Stabilität und der Rüstungskontrolle in ihrem strategischen Teil erörtert. Wir haben bei bestimmten Aspekten einige Fortschritte erzielt, auch wenn dieser Aspekt hauptsächlich die Organisation der weiteren Arbeit betrifft, aber nichtsdestotrotz ist er auch wichtig", sagte Rjabkow am Donnerstag vor Reportern.
Die Frage, ob die Konsultationen als konstruktiv genug angesehen werden können, bejahte der Diplomat.
"Alles zusammengenommen hat sich gezeigt, dass trotz der bestehenden Differenzen, und davon gibt es viele, sowohl im konzeptionellen Bereich als auch in Bezug auf die Herangehensweise an bestimmte Elemente der Nuklearpolitik, sogar in Bezug auf die Interpretation der Absichten des jeweils anderen, Differenzen bestehen bleiben", erklärte Rjabkow und fügte hinzu, dass gleichzeitig der Wunsch und die Bereitschaft bestehe, "den Prozess voranzutreiben". "Wir haben eine klarere Vorstellung davon, welche Aufgaben die amerikanische Seite während des bevorstehenden weiteren Dialogs und dessen Fortsetzung lösen möchte."
Auf US-Seite nahm seine Kollegin Wendy Sherman an den Verhandlungen teil. Nun sollen zwei Arbeitsgruppen gebildet werden, die sich mit Detailfragen der Rüstungskontrolle befassen, sagte Rjabkow. Es gebe den Wunsch auf beiden Seiten, weiter voranzukommen. Zugleich sagte der russische Diplomat, dass die US-Seite wegen der wachsenden militärischen Macht Chinas besorgt sei. Die USA hatten China an den Verhandlungen beteiligen wollen.
Von der US-Regierung hieß es, die Delegationen hätten vereinbart, dass die Arbeitsgruppen ihre Arbeit aufnehmen sollten und anschließend ein weiteres Treffen stattfinden solle. Die Gespräche in Genf seien "intensiv" und "substanziell" gewesen, teilte das Außenministerium mit.
Die Atommächte USA und Russland hatten Ende Juli in der Schweiz die neuen Gespräche begonnen, auf die sich zuvor der russische Staatschef Wladimir Putin und US-Präsident Joe Biden bei einem Gipfel Mitte Juni in Genf geeinigt hatten. Bei dem eintägigen Treffen war es um künftige Rüstungskontrolle und Risikominderung gegangen.
Die Gespräche gelten als wichtiges Signal für die globale Sicherheit. Grundlage ist das einzig noch verbliebene große Abkommen zur Rüstungskontrolle der USA mit Russland: Der Vertrag über die strategische atomare Abrüstung "New START", der die Nukleararsenale beider Länder auf je 800 Trägersysteme und je 1.550 einsatzbereite Atomsprengköpfe begrenzt, hat die Trump-Administration knapp überlebt. Diese hatte sich mit dem Vorwurf, Russland halte sich nicht an Regeln, bereits aus mehreren Abkommen verabschiedet. Unter George W. Bush waren die USA im Jahr 2002 aus dem ABM-Vertrag ausgestiegen. Gleichzeitig – und teils durch die Aufhebung früherer Verträge ermöglicht – unterhalten die Vereinigten Staaten in Osteuropa ein Raketenschildsystem, das aus russischer Perspektive bereits Übereinkommen unterminiert hat.
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