Sekretär des russischen Sicherheitsrates: USA wollen keine souveränen europäischen Staaten

Nach den jüngsten Gipfeltreffen der internationalen Organisationen SOZ, OVKS und BRICS, wo Russland eine wichtige Rolle spielt, hat sich der Sekretär des russischen Sicherheitsrates gegenüber dem Blatt "Argumenty i Fakty" zum Thema Weltsicherheit geäußert.

Die russische Wochenzeitung Argumenty i Fakty hat anlässlich der vergangenen Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) und der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) mit dem Sekretär des Sicherheitsrates der Russischen Föderation gesprochen. Nikolai Patruschew äußerte sich im Interview, das an diesem Dienstag veröffentlicht wurde, zu den aktuellen Problemen der globalen Sicherheit, die auf den internationalen Treffen zur Sprache gekommen waren. Wie der Beamte sagte, habe der "verantwortungslose" Abzug der US-Truppen aus Afghanistan die Probleme der Region verschärft. Vor diesem Hintergrund kommen nun der SOZ und der OVKS eine größere Rolle als Garanten der Stabilität in Zentralasien zu.

Dabei kritisierte Patruschew scharf die "destabilisierende" Rolle der USA in der internationalen Arena. Dies schade letztendlich nicht nur der jeweiligen Region, sondern auch dem Westen selbst.

"Ausgerechnet die USA sind die wichtigsten Unruhestifter in der Welt. Dabei leiden nach jedem weiteren geopolitischen Experiment Washingtons nicht nur ein einzelner Staat und dessen Volk. Vielmehr beginnt eine Kettenreaktion, die ganze Regionen, darunter auch den Westen selbst, destabilisiert."

Patruschew teilte mit, dass das "US-Fiasko in Afghanistan" Bedingungen für eine neue Migrationskrise schaffe, die noch schwerer als die im Jahr 2015 sei. Die USA und ihre Verbündeten sollten die Verantwortung für die zerstörten Wirtschaften und die Zuspitzung interethnischen und politischer Probleme sowie terroristischer und extremistischer Bedrohungen tragen. Der Sicherheitsratssekretär forderte den Westen auf, die betroffenen Länder dafür zu entschädigen.

Gleichzeitig wies Patruschew darauf hin, dass es den USA und deren Verbündeten immer schwerer falle, der Welt ihren Willen zu diktieren.

"Die Regierung der USA und die Regierungen der westlichen Staaten begreifen im Prinzip, dass ihr Vermögen, die globale Situation zu beeinflussen und ihre Hegemonie aufrechtzuerhalten, von Jahr zu Jahr schwinden. Die inneren Probleme des Westens häufen sich rapide an und nähern sich der kritischen Masse."

Der Sekretär des russischen Sicherheitsrates hob dabei hervor, dass Washington an einer Selbstständigkeit der europäischen Staaten nicht interessiert sei. Die US-Regierung fördere in der bereits bestehenden Europäischen Union lokale Formate, bei denen es sich hauptsächlich um neue antirussische Bündnisse handele. Die USA versuchten somit, entlang der westlichen Grenze Russlands einen sogenannten Sanitätskordon zu schaffen.

Trotzdem brachte Patruschew seine Hoffnung zum Ausdruck, dass sich einige EU-Staaten, die "jahrhundertelange" diplomatische Erfahrungen hätten, doch zu einer unabhängigen Politik zurückkehren würden.   

"Ich meine damit vor allem Deutschland, Frankreich und Italien. Wir rechnen damit, dass diese Mächte mit der Zeit den ausländischen Einfluss loswerden und sich zu der einst für sie eigenen pragmatischen und unabhängigen Politik zurückkehren werden."

Heute verstünden immer mehr Länder, dass man von Brüssel kaum etwas außer schulmeisterhaften Vorlesungen über Menschenrechte und außer pseudoliberalen Werten erwarten könne, erklärte der russische Beamte.

Der Sicherheitsratssekretär brachte außerdem seine Meinung zum Ausdruck, dass sich die USA und ihre Verbündeten künftig in der internationalen Arena noch aggressiver und unvorhersehbarer verhalten würden. Sie würden nämlich mit ausländischen Abenteuern versuchen, die Öffentlichkeit von ihren innenpolitischen Missständen abzulenken. So seien alle zusammenbrechenden Imperien vorgegangen – vom Römischen Reich bis zum Britischen Weltreich.

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