Am 9. September findet das 13. Gipfeltreffen der Staatschefs von Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika statt, das im sogenannten BRICS-Format abgehalten wird. Im Jahr 2021 wurde die informelle Vereinigung (im Juni 2009 zunächst als BRIC gegründet) 15 Jahre alt.
Experten stellen fest, dass das Forum angesichts der sich rasch verändernden geopolitischen Lage in Zentralasien und der Situation in Afghanistan heute besonders wichtig ist. Eines der Hauptthemen des Forums wird nach Meinung von Analysten die Sicherheitslage sein.
Das Gipfeltreffen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs findet als Videokonferenz statt und wird dieses Mal von Indien geleitet. Zuvor wurde aus dem Kreml mitgeteilt, dass auch der russische Präsident Wladimir Putin an dem Gipfeltreffen teilnehmen werde. Moskau betonte, dass die wichtigsten auf diesem Gipfel erzielten Vereinbarungen in die Abschlusserklärung einfließen werden.
Das Gipfeltreffen ist überschrieben mit "15 Jahre BRICS: Fünfseitige Länder-Zusammenarbeit zur Gewährleistung von Kontinuität, Stärkung der Interaktion und des Konsensprinzips".
Indien, das nach Russland den Vorsitz der Gruppe übernommen hatte, wies auf vorrangige Bereiche hin, darunter die Terrorismusbekämpfung, die nachhaltige Entwicklung durch den Einsatz digitaler und technologischer Instrumente sowie die Stärkung humanitärer Kontakte.
Nach Angaben des indischen Außenministeriums werden die Staats- und Regierungschefs der BRICS-Staaten auch einen Meinungsaustausch über die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die globale Umwelt und andere aktuelle globale und regionale Themen führen.
Darüber hinaus sollen der Stand und die Aussichten der strategischen Partnerschaft innerhalb der Gruppe diskutiert und aktuelle Themen auf der internationalen und regionalen Agenda erörtert werden, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf der Lage in Afghanistan liegen wird.
Weltweite Stabilisierung
Im August erklärte der Sekretär des Sicherheitsrates der Russischen Föderation Nikolai Patruschew, dass die BRICS-Staaten eine stabilisierende Rolle in den internationalen Beziehungen spielen könnten. Bei einem Treffen von BRICS-Vertretern, bei dem Sicherheitsfragen diskutiert wurden, hob er laut TASS hervor:
"Unsere fünf [Staaten] geben überzeugende Beispiele für eine effektive Arbeit an aktuellen Weltproblemen, die auf den Grundsätzen der Offenheit, der Gleichheit, des gegenseitigen Respekts und der Abwesenheit einer versteckten Agenda beruht."
Der russische Sicherheitsbeamte fügte hinzu, dass die BRICS-Staaten durch die "Anerkennung des Vorrangs des Völkerrechts und der koordinierenden Rolle der UNO, die Ablehnung der Einmischung in die inneren Angelegenheiten unabhängiger Staaten, die Bereitschaft, ihre nationalen Interessen kompromisslos zu verteidigen und den souveränen Entscheidungen anderer Akteure wohlwollend gegenüberzustehen" geeint seien. Patruschew betonte:
"Dies macht die Interaktion im Fünf-Staaten-Format für andere Staaten der Dritten Welt attraktiv, die nicht in eine neue globale Konfrontation hineingezogen werden wollen."
Außerdem stellte Patruschew fest, die jüngsten Ereignisse in Afghanistan hätten gezeigt, dass die vom Westen überall auf der Welt errichteten Regime nicht lebensfähig seien. Er führte an:
"Ein besorgniserregender Trend ist die weitere Verschärfung der zwischenstaatlichen Widersprüche, die durch die ideologische Konfrontation verkompliziert werden. Es geht in erster Linie um den Versuch, unseren Völkern fremde Ideale aufzuzwingen, die sie als sogenannte universelle demokratische Werte auszugeben versuchen. Sie und ich haben erst vor einer Woche in Afghanistan gesehen, wie lebensfähig die Regime sind, die der Westen auf ihrer Grundlage in der ganzen Welt aufzubauen versucht."
In einem Gespräch mit RT kommentierten Experten und politische Analysten den bevorstehenden BRICS-Gipfel und wiesen darauf hin, dass der Dialog in diesem Format vor dem Hintergrund der sich rasch verändernden geopolitischen Patt-Situation in Zentralasien besonders wichtig ist. Der politische Analyst Alexander Asafow erklärte in einem Kommentar für RT:
"Organisationen wie BRICS und OVKS sind notwendig. Solche Plattformen sind von äußerster Bedeutung, wenn der Faktor Sicherheit in verschiedenen Regionen besonders wichtig wird. Angesichts der Tatsache, dass der beschämende Rückzug der USA aus Afghanistan die Sicherheit aller umliegenden Länder bedroht, steigt die Bedeutung der BRICS in diesem Fall um ein Vielfaches, denn auf dieser Plattform werden Auswege aus der aktuellen Situation diskutiert."
In Anbetracht der Tatsache, dass Russland, China und Indien in unmittelbarer Nähe zu Afghanistan liegen oder sogar eine Grenze zu Afghanistan haben, sei das Gipfeltreffen auf Ebene der Staatsoberhäupter angesichts der aktuellen Ereignisse besonders erforderlich.
Alexander Domrin, Professor an der Rechtsfakultät der Higher School of Economics in Moskau, stimmte dieser Einschätzung des bevorstehenden Gipfels zu. Er betonte:
"Generell wurde die BRICS-Plattform geschaffen, um neue Vereinbarungen zu treffen und neue politische Ansätze zu entwickeln. Nach dem Scheitern der USA in Afghanistan ist dieses Gipfeltreffen von besonderer Bedeutung, da das neue Regime in Kabul für Russland, China und Indien ein Thema ist, das sie mit Sorge erfüllt. Es ist daher zu erwarten, dass eines der zentralen Themen [bei dem Gipfel] Afghanistan sein wird."
Der Politikwissenschaftler fügte hinzu, dass die Entstehung einer solchen Vereinigung eine natürliche Reaktion auf die Politik der Eindämmung und des Drucks sei, die die USA und andere westliche Länder in den letzten Jahrzehnten gegenüber Drittländern und regionalen Mächten betrieben hatten. Domrin fügte hinzu:
"Es sei darauf hingewiesen, dass die Gründung der BRICS eine Herausforderung für die unipolare Welt darstellt, die nach dem Zusammenbruch der UdSSR vorherrschte. Das fünfzehnjährige Bestehen der Organisation ist ein großes, bedeutsames Ereignis für ihre Teilnehmer, interessierte Beobachter und wirtschaftliche Konkurrenten."
Geschichte der BRICS
Das Akronym BRIC (Brasilien, Russland, Indien und China) wurde erstmals von Jim O'Neill, Wirtschaftswissenschaftler bei Goldman Sachs, in einem Artikel verwendet, in dem er die vier Länder mit dem größten Potenzial für wirtschaftliches Wachstum benannte. Der Begriff setzte sich in der Finanzwelt durch, und 2006 schuf der Dow Jones den Index BRIC 50, um in die Aktien der führenden Unternehmen dieser Länder zu investieren.
Im selben Jahr wurde auf Initiative der russischen Seite die institutionelle Struktur der BRIC-Staaten formalisiert. Die praktische Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe begann im September 2006 am Rande der damaligen UN-Generalversammlung in New York.
Der erste BRIC-Gipfel auf Ebene der Staatsoberhäupter fand am 16. Juni 2009 in Jekaterinburg statt, und seither treffen sich die Staats- und Regierungschefs der BRIC-Länder jährlich. Im Jahr 2011 schloss sich Südafrika der Gruppe an, die seither als BRICS bekannt ist. Nach Angaben der Weltbank beträgt die Gesamtfläche der Länder der Gruppe etwa 30 Prozent des weltweiten Festlandes, und ihre Bevölkerung macht 42 Prozent der Weltbevölkerung aus.
BRICS ist ein informeller Zusammenschluss von Ländern und hat daher weder eine Satzung noch ein Sekretariat oder andere formale Normen. Ziel ist es, einen pragmatischen und offenen Dialog zwischen den Teilnehmern zu entwickeln. Gleichzeitig ist BRICS nicht blockbasiert und richtet sich nicht gegen Drittländer.
Neben den Treffen der Staats- und Regierungschefs der Gruppe finden im Rahmen des BRICS-Formats Gespräche auf der Ebene der Außenminister, der Finanzminister und anderer zuständiger Ministerien und Sicherheitsräte statt. So hielt die Gruppe im August ein Treffen hoher Vertreter der BRICS-Länder ab, die für Sicherheitsfragen zuständig sind. Russland war bei dem Treffen durch Nikolai Patruschew als Sekretär des Sicherheitsrates der Russischen Föderation vertreten.
Es gibt mehr als 20 verschiedene Formate für den Dialog zwischen den BRICS-Mitgliedsländern, unter anderem auch in Bereichen wie Klimawandel, Armutsbekämpfung und Ernährungssicherheit.
Im Jahr 2015 wurde ein Pool von Devisenreserven im Wert von 100 Milliarden US-Dollar für Notfälle eingerichtet, ebenso wie die BRICS-Entwicklungsbank mit einem Eigenkapital von 100 Milliarden US-Dollar.
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