Unmittelbar nach dem Terroranschlag auf den Flughafen von Kabul mit 170 Opfern plädierte der CNN-Moderator Jim Sciutto für eine Fortsetzung des militärischen Engagements der USA in Afghanistan – zur Bekämpfung der Taliban und anderer Terrorgruppen.
Zum Anschlag hat sich eine dem Islamischen Staat nahestehende Gruppe ISIS-K bekannt. Die zwei Selbstmordattentäter zielten vor allem auf die Evakuierung von US-Amerikanern und Afghanen. Neben 13 US-Soldaten und dutzenden Zivilisten wurden auch mindestens 28 Taliban-Kämpfer getötet.
Sciutto erörterte dann die Warnung eines US-Geheimdienstes, dass ISIS-K möglicherweise den Flughafen von Kabul angreife, und stellte seinem Gesprächspartner H. R. McMaster die Frage, ob es sich nicht auch um eine andere Gruppe handeln könne.
McMaster, der in den Jahren 2017 und 2018 als Sicherheitsberater des Präsidenten Donald Trump tätig war, entgegnete, dass ISIS-K einfach nur "als Aushängeschild der Taliban benutzt worden sein könnte, damit sie uns auf dem Weg nach draußen demütigen und trotzdem weiter mit uns spielen können". Es sei ein Mythos, dass die Taliban von Al-Qaida und diesen anderen Gruppen getrennt ist, denn sie "existieren in einem Ökosystem entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und jetzt in ganz Afghanistan, in dem sie Menschen und Ressourcen gemeinsam nutzen."
"Sie wissen, dass Siradschuddin Haqqani der militärische Befehlshaber der Taliban ist, und er ist eine zentrale Figur bei Al-Qaida", sagte McMaster. Laut US-Medien ist Haqqani seit 2011 Jahren zur Fahndung mit der Aussicht auf 5 Millionen Euro Belohnung ausgeschrieben. Schon damals wurden ihm Verbindungen zur Al-Qaida nachgesagt.
McMaster beendete die Diskussion mit einem Aufruf, Tausende von den US-Truppen in Afghanistan zu belassen, um die inzwischen zusammengebrochene afghanische Regierung zu unterstützen.
Nach Ansicht des britischen Journalisten Richard Medhurst entbehre die Theorie, dass hinter dem Anschlag in Wirklichkeit die Taliban stecken könnten, jeglicher Grundlage. Medhurst ist im syrischen Damaskus geboren und berichtet seit Jahren über den Nahen Osten.
"Die Taliban wollen, dass die USA und andere ausländische Invasoren so schnell wie möglich ihr Land verlassen. Und das Letzte, was sie tun werden, ist einen Terror-Anschlag mit ISIS zu koordinieren – wie es einige US-Offizielle auf CNN andeuten wollten, etwa General McMaster. Das ist das Letzte, was sie tun werden, denn damit würden die eine weitere Präsenz der NATO-Truppen provozieren", sagte er gegenüber RT.
Er wies darauf hin, dass Anschläge oder Provokationen im Nahen Osten oft gerade zu solchem Zeitpunkt verübt wurden, wenn eine Konfliktlösung schon in Sicht war. So hätten Massenmedien im Jahre 2013 behauptet, dass der syrische Präsident Assad einen Chemiewaffenangriff gestartet hätte, ausgerechnet kurz nach seinem Zusammentreffen mit den UN-Inspektoren. Auch 2018, kurz nachdem die Syrische Arabische Armee die Schlacht um die Damaskus-Senke Ghuta gewonnen hatte, gab es einen offenbar vorgetäuschten Chemiewaffenangriff.
Er ging auch noch in die frühere Geschichte zurück, als in den Jahren 2002 und 2003 die Massenmedien und US-Offizielle behaupteten, dass Saddam Hussein Terroranschläge auf Europa zusammen mit der Terrororganisation Al-Qaida geplant hätte.
"Wir müssen jetzt wirklich aufpassen, was auf CNN gesagt wird. Um eines klarzustellen: ISIS und Taliban – das sind Feinde, sie haben gar nichts miteinander zu tun. Genauso wie Saddam und Al-Qaida Todfeinde waren. Erst vor einer Woche haben die Taliban einen ISIS-Kommandanten hingerichtet."
Alles, was CNN und andere Massenmedien sagen, sei oft das Gegenteil von der Wahrheit. Und das diene dem Ziel, die Kriege der USA anzufangen oder weiterzuführen, sagte der britische Journalist. Die weitere militärische Präsenz in Afghanistan, in welcher Form auch immer, werde nun immer mehr wieder thematisiert.
Viele Attacken und viel Leid wären nicht passiert, wenn die USA nicht in Afghanistan eingefallen wären, denn sie kamen nicht als eingeladene Gäste, betonte Medhurst. Auch der aktuelle Anschlag mit mindestens 170 Opfern sei die Verlängerung dieses gesamten Krieges, "das kann man nicht isoliert betrachten".
"Sogar die Terrorgruppen selbst – wenn wir uns fragen, wer denn bei der Entstehung von ISIS mitgewirkt hat. Gehen wir vierzig Jahre zurück. Wer hat die Waffen an die Mudschahedin gegeben? Alle diese Gruppen waren den Geheimdiensten bestens bekannt. Wir können das zurückverfolgen. Zum Unglück sterben in Kabul viele unschuldige Menschen, aber das imperialistische Projekt ist die eigentliche Ursache", sagte Medhurst.
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