Der weißrussische Grenzschutz wirft dem offiziellen Polen vor, sich von größeren Gruppen von eindeutig schutzsuchenden Flüchtlingen durch Hinausdrängen über die Grenze nach Weißrussland "erlösen" zu wollen. Das weißrussische Staatskomitee für Grenzschutz hat dazu folgende Erklärung veröffentlicht:
"Vor den Grenzposten Russaki der Grenzschutzgruppe Grodno wurde am 18. August von polnischen Sicherheitskräften auf mehreren Militärfahrzeugen eine große Gruppe von Migranten befördert. Und nun werden Versuche unternommen, diese gewaltsam in das Hoheitsgebiet der Republik Belarus hinauszudrängen. Die Flüchtlinge, unter denen sich zumeist afghanische Staatsbürger befinden, erklärten den Vertretern der polnischen Seite offen ihre Absicht, Asyl zu beantragen. Sie weigern sich, die Grenze nach Weißrussland zu überschreiten. Außerdem haben die Flüchtlinge aus Protest ein spontanes Biwak auf dem Gebiet Polens organisiert."
Auf einer vom weißrussischen Grenzschutz veröffentlichten Videoaufnahme wird einer der mutmaßlichen Flüchtlinge befragt:
- Sind [Sie] nach Weißrussland unterwegs?
- Nein, wir werden nicht [nach Weißrussland] gehen.
- Wieso?
- Wir kommen alle aus Afghanistan, und wie wir alle wissen, sind wir in einer sehr schweren Lage. In Afghanistan ist Krieg, ich habe meine Familie verloren, alles. Jetzt können wir in die EU – nach Polen und nach Deutschland.
Ein anderer betont:
- Wir sind nach Polen unterwegs. Nach Weißrussland wollen wir nicht.
Der erste bestätigte die Beobachtung der weißrussischen Grenzschützer:
- Man drängt uns, nach Weißrussland zu fahren. Aber von hier kommen wir gar nicht.
Ein dritter wusste zu berichten:
- Sie haben uns aus der Zentrale in der Stadt zur Grenze gebracht.
Er betonte, dass die polnischen Sicherheitskräfte sie zum Überqueren der Grenze nach Weißrussland drängen – doch man sei nicht gewillt, irgendeine Grenze zu übertreten: "Durch Polen hindurch und nach Europa" liege ihr Weg.
Das offizielle Polen male absichtlich ein falsches mediales Bild von der Lage, betonte der weißrussische Grenzschutz. Journalisten seien zum Ort des Geschehens eingeladen worden, denen die polnischen Sicherheitskräfte bewusst etwas vormachen sollen – so würden "einseitige Reportagen" entstehen, die die "völkerrechtswidrigen Handlungen" Polens vor der Völkergemeinschaft rechtfertigen sollen. So wurde etwa im Beisein der Journalisten Wasser an die Migranten verteilt. Auch hätten die polnischen Sicherheitskräfte den Journalisten mitgeteilt, dass sich die Flüchtlinge bereits seit mehreren Tagen an der Grenze befänden und nicht unmittelbar an jenem Tag dorthin transportiert worden seien.
Ein ähnlicher Vorfall an der Grenze Weißrussland-Polen ereignete sich erst jüngst, am 13. August, am Grenzübergang Beljany, schrieb die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Versuche der Sicherheitskräfte Polens, Lettlands und Litauens, Migranten auf weißrussisches Staatsgebiet zu befördern, habe der weißrussische Grenzschutz gemeldet. Die Menschen wiesen Anzeichen körperlicher Gewalt auf; einer von ihnen, ein irakischer Staatsbürger, sei später im Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen.
Der stellvertretende Kommandoleiter des weißrussischen Grenzschutzkomitees Alexei Sytenkow stellte in solchem Verhalten Rigas, Vilnius' und Warschaus Verstöße gegen in geltenden Völkerrechtsverträgen enthaltene Normen bezüglich illegaler Migration fest.
Nach Angaben des polnischen Innenministeriums wurden seit Anfang August an der polnisch-weißrussischen Grenze 1.935 Versuche der illegalen Einreise nach Polen registriert, schreibt die russische Nachrichtenagentur TASS. Der Grenzschutz konnte dabei 1.175 Versuche der Grenzüberquerung verhindern. 760 Ausländer seien festgenommen und in geschlossenen Zentren untergebracht worden. Zuvor hatten Polen und Litauen die Europäische Union zu härteren Maßnahmen gegen Weißrussland aufgefordert – wegen der Migrationskrise in der Region, die angeblich von Minsk ausgelöst worden sei.
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Seit Jahresbeginn seien an der litauisch-weißrussischen Grenze über 4.000 illegale Migranten festgenommen worden. Das wären nahezu 50-mal mehr als im gesamten Jahr 2020. Die Migranten würden ferner versuchen, über Weißrussland nach Polen zu gelangen. Ende Mai erklärte der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko, sein Land habe bisher als Barriere gegen die Ströme illegaler Migranten in die Nachbarstaaten gedient – dass aber angesichts des politischen Drucks aus dem Westen sich Minsk fragen könnte, ob es sich überhaupt noch lohne, dies weiterhin zu tun. Aufgrund der westlichen Sanktionen fehlen Weißrussland dazu Geld wie Kräfte, hieß es.
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