Deutschland und Europa würden bei der Intervention in Krisenstaaten immer auf der Basis deutschen oder europäischen Denkens vorgehen und damit der realen Situation vor Ort nicht gerecht werden. Dies erklärt der Historiker und Orientalist Matthias Hofmann gegenüber RT DE. Hofmann spricht von einem "Scheitern der westlichen Welt" in Afghanistan.
Der Afghanistan-Experte erläutert: "Das hat natürlich damit zu tun, dass wir, immer wenn wir in solche Krisenstaaten hineingehen, die Situation vor Ort auf Grundlage eines europäischen oder eines deutschen Denkens beurteilen und dann natürlich zu einem falschen Schluss geraten. Und dann werden wir Maßnahmen ergreifen, die aufgrund unserer Analyse natürlich richtig wären, aber für das betreffende Land definitiv nicht zutreffen, und dann werden diese Maßnahmen, die man vor Ort ergreift, natürlich auch nicht zielführend sein für das jeweilige Land. Und das haben wir schon oftmals erlebt, aber die Erfahrung daraus hat uns nicht wirklich klüger werden lassen", so Hofmann weiter.
Zum Scheitern der Evakuierungsmaßnahmen äußert sich Hofmann folgendermaßen: "Mit der Entscheidung im April dieses Jahres, dass wir die Bundeswehr abziehen aus Afghanistan, hätten wir eben auch den Abzug beziehungsweise die Abholung der Ortskräfte organisieren müssen und nicht quasi erst warten sollen bis zum wirklich letzten Tag. (...) Wir haben ja auch nur drei A400M geschickt, da kriegen wir ungefähr 100 Personen mit Gepäck hinein, die Bundeskanzlerin spricht von 10.000 Ortskräften, die wir evakuieren wollten, wie oft müssen dann diese drei Maschinen fliegen, auch wenn sie nur nach Taschkent fliegen (...), das sind doch etwas utopische Zahlen", ergänzt der Historiker und Orientalist.
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