Weltklimarat: Erde steuert bis 2100 auf eine Erwärmung um mindestens drei Grad zu

Der Klimawandel vollzieht sich schneller und folgenschwerer als bislang angenommen. Das ist das Ergebnis des neuesten Berichts des Weltklimarats (IPCC). Die Erde erwärme sich weiter, der Anstieg des Meeresspiegels und das Schmelzen der Gletscher seien bereits "unumkehrbar". Umweltschützer sprechen von alarmierenden Erkenntnissen.

Der als Weltklimarat bezeichnete "Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen" (IPCC: Intergovernmental Panel on Climate Change) stellte am Montag in Genf einen neuen Bericht über die physikalischen Grundlagen des Klimawandels vor. Danach ließen sich Hitzewellen, Dürren und Starkregen sowie das Schmelzen von Eis und der Anstieg des Meeresspiegels genauer als bisher vorhersagen. Der 1988 von den UNO-Einrichtungen Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und Weltorganisation für Meteorologie (WMO) ins Leben gerufene IPCC hatte die physikalischen Grundlagen zuletzt im Jahr 2013 erläutert.

Seither konnten damalige Unsicherheiten in den Klimamodellen deutlich verringert werden. Anders als noch vor acht Jahren stellen Wissenschaftler heute eindeutig fest: Wenn die Treibhausgas-Emissionen nicht sehr schnell reduziert werden, könne das Ziel, die Erwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen, nicht erreicht werden. Zudem müssten mehr Klimaveränderungen auf den direkten Einfluss des Menschen zurückgeführt werden, sagte Mitautorin Veronika Eyring von der Universität Bremen.

"Menschlicher Einfluss hat das Klima so aufgeheizt, wie es seit mindestens 2.000 Jahren nicht mehr vorgekommen ist. (...) 2019 war die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre höher als zu jedem anderen Zeitpunkt seit mindestens zwei Millionen Jahren," heißt es im Bericht.

Der Weltklimarat entwirft fünf Szenarien. In zwei Szenarien erreicht die Welt im Jahr 2050 Klimaneutralität und speichert danach mehr Treibhausgase als sie ausstößt. Nur auf diesem Weg könne der Anstieg der mittleren Temperatur am Ende des Jahrhunderts bei 1,8 Grad oder darunter bleiben.

Bei gleichbleibenden Emissionen bis 2050 würde die Temperatur im Jahr 2100 um mindstens 2,1 bis zu 3,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegen. In zwei weiteren Szenarien mit mindestens der Verdoppelung der Emissionen an Treibhausgasen bis Mitte des Jahrhunderts wäre sogar ein Temperaturanstieg um 5,7 Grad möglich.

Dazu schätzt der Mitautor des Berichtes Dirk Notz vom Max-Planck-Institut für Meteorologie ein: "Wenn man sich anschaut, was die einzelnen Regierungen für den Klimaschutz zugesagt haben, würde man im Moment am ehesten im mittleren Szenario landen. (...) Für die Zukunft bleibt aber natürlich unklar, ob die Zusagen eingehalten werden oder ob die Regierungen andererseits ihre Bemühungen noch verstärken werden."

Einige Auswirkungen der Erderwärmung wie der Anstieg der Meeresspiegel und das Schmelzen der Gletscher sind nach Angaben der UN-Klimaexperten bereits heute "unumkehrbar". Selbst bei einer drastischen Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen würden die Meeresspiegel weiter ansteigen und "für tausende Jahre erhöht bleiben", heißt es in dem Bericht. Die Meeresspiegel könnten demnach bis zum Jahr 2100 um bis zu einen Meter steigen.

Nach Veröffentlichung des Berichts warfen Umweltorganisationen der Politik ein zu zögerliches Handeln vor. "Das Schockierende dieses Berichts ist, dass alles Alarmierende darin abzusehen war – und doch bewegen sich Regierungen und Konzerne beim Klimaschutz noch immer im Schneckentempo", sagte Greenpeace-Klimaexperte Christoph Thies am Montag.

Der Bericht wurde von 230 Forschern aus 66 Ländern verfasst. Seit 2014 wurden dafür etwa 14.000 Studien zum Klimawandel ausgewertet. Die Zusammenfassung des Berichtes für politische Entscheidungsträger wurde von den 195 IPCC-Mitgliedsländern einstimmig angenommen.

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(rt/dpa)