In einem Interview mit RT erklärte Hrafnsson, dass das Berufungsverfahren in London eine große Enttäuschung für Julian Assange und für alle seine Unterstützer sei. Ein britisches Gericht hatte einen Berufungsantrag gegen die erstinstanzliche Entscheidung eines Londoner Gerichts zugelassen, Assange nicht an die USA auszuliefern. Somit ist seine Auslieferung nach wie vor möglich.
Hrafnsson sagte, dass man gehofft habe, dass das britische Gericht einsieht, wie lächerlich dieser "Fall" sei. Zwar habe der britische High Court nicht gesagt, dass es den Argumenten der US-Regierung glaube, doch trotzdem habe man zugelassen, dass die USA ihre Anklage vor Gericht vortragen dürften. Dabei hätten zum Beispiel die Enthüllungen isländischer Journalisten klar gezeigt, dass die Anklage auf tönernen Füßen stehe.
Die isländische Zeitung Stundin hatte Ende Juni berichtet, dass der frühere Kronzeuge gegenüber der Zeitung zugegeben habe, entscheidende Teile seiner Behauptungen für eine Anklageschrift gegen Julian Assange erfunden zu haben. Assange habe ihn niemals angewiesen, irgendwelche Cyberhacking-Aktionen durchzuführen. Die Zeitung weist weiter darauf hin, dass ein Gericht in London – trotz Ablehnung der Auslieferung an die USA aus humanitären Gründen – sich in dem "Fall Assange" dennoch grundsätzlich auf die Seite der USA gestellt habe, als es um die Anklagepunkte ging, die auf den Aussagen des Kronzeugen beruhten.
"Druck auf Biden-Administration ausüben"
Im Licht dieser neuen Erkenntnisse, so Hrafnsson, sei klar, dass es sich bei dem Verfahren gegen Assange nicht per se um einen Strafprozess handele. Es gehe hier um politische Verfolgung, ausgelöst durch die Trump-Regierung, es sei an der Zeit, dass das Ganze aufhöre. Die Anklage gegen Assange sei fabriziert und könne vor Gericht nicht bestehen, trotzdem gehe es immer weiter. Das sei unmenschlich und auch ein Angriff auf die weltweite Pressefreiheit, so Hrafnsson weiter.
Der WikiLeaks-Chefredakteur verwies noch einmal darauf, dass Assange während seiner Zeit in der ecuadorianischen Botschaft in London systematisch ausspioniert worden sei. Auch die Treffen mit seinen Anwälten seien ausspioniert worden. Es seien zudem Dokumente gestohlen worden. Allein das hätte zum Ende der juristischen Verfolgung Assanges führen müssen, so Hrafnsson. Medien und Politiker weltweit müssten auf die Biden-Administration Druck ausüben, um diese Geschichte endlich zu beenden.
Die USA und Großbritannien könnten nicht andere Länder in der Welt wegen mangelnder Pressefreiheit kritisieren, solange Julian Assange im Gefängnis sitze. Die Unterstützung durch Politiker und Abgeordnete weltweit für Assange wachse. Es sei unvermeidlich, dass Julian Assange freikomme. Geschehe dies jedoch nicht, sei das ein Schlag gegen alle Werte, an die unsere Gesellschaften glauben.
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