Nach seinem Gespräch mit US-Außenminister Antony Blinken am Rande des Treffens des Arktischen Rates am Mittwoch in der isländischen Hauptstadt Reykjavík zeigte sich der russische Außenminister Sergei Lawrow optimistisch und charakterisierte die Unterredung als konstruktiv.
Der russische Spitzendiplomat sagte, er sehe die Bereitschaft der US-Delegation, die in den vergangenen Jahren zunehmend angespannten Beziehungen zu Moskau zu verbessern. Er deutete an, dass der Ball nun bei Washington liege und betonte:
"Es gibt eine Menge Arbeit zu tun und es wird keine leichte Aufgabe sein, diese zu bewältigen. Aber ich habe von Antony Blinken und seinem Team den Wunsch gespürt, dies zu tun. Wir sind bereit, unseren Teil dazu beizutragen."
Als führende Atommächte sei eines der Hauptprobleme, mit denen sowohl Russland als auch die USA konfrontiert seien, ihre Verantwortung, "die strategische Stabilität" zu gewährleisten, so Lawrow. Er fügte hinzu, dass Moskau einer umfassenden Diskussion des Themas offen gegenüberstehe. Der Außenminister hob hervor:
"Wir haben unsere Bereitschaft bekräftigt, den Dialog zu beginnen und alle Faktoren zu berücksichtigen, die die strategische Stabilität beeinflussen, einschließlich nuklearer und nicht nuklearer, offensiver und defensiver Waffen."
Unter dem Hinweis, dass Experten beider Ländern nun den Vorschlag einer Wiederaufnahme der Gespräche prüfen müssen, sagte Lawrow, Blinken scheine mit dieser Idee einverstanden. Er stellte fest:
"Ich habe keine Ablehnung dieses Konzepts gesehen."
In seiner Eröffnungsrede wechselte Lawrow ins Englische, um Blinken direkt anzusprechen und klarzustellen, dass die USA und Russland zwar nicht "exakt ähnliche Ansichten" hätten, aber beide "ähnliche Ziele" anstrebten. Der russische Vertreter merkte später an, dass er und Blinken sich darauf geeinigt hätten, die Zusammenarbeit bei Themen fortzusetzen, bei denen sich die Interessen beider Länder überschneiden. So zum Beispiel in Bezug auf Atomwaffen auf der koreanischen Halbinsel, die Wiederbelebung des Atomabkommens mit Iran sowie die Situation im vom Krieg verwüsteten Afghanistan.
Die beiden Chefdiplomaten sprachen auch über die anhaltende diplomatische Krise zwischen den beiden Ländern, zu der es im Dezember 2016 kam, als die Regierung unter dem damaligen US-Präsidenten Barack Obama eine Reihe russischer Diplomaten auswies. Unter Obamas Nachfolger Donald Trump verschärften sich die Spannungen, sodass die diplomatischen Vertretungen der USA in Russland praktisch ihren Betrieb einstellten.
Lawrow wies darauf hin, dass "niemand an der Kettenreaktion interessiert ist", die dazu geführt hat, dass Russland und die USA den Umfang ihrer diplomatischen Arbeit im Laufe der Jahre dramatisch reduziert haben. Er sehe, dass die US-Delegation die gleiche Ansicht teile, so Lawrow:
"Ich habe eine ähnliche Haltung von unseren US-Kollegen gespürt. Wir werden Vorschläge an unsere Präsidenten vorbereiten."
Hochrangige Vertreter des US-Außenministeriums sagten, es habe keine Durchbrüche gegeben, bezeichneten das Treffen aber als "einen guten Anfang für eine Arbeit an den Beziehungen zwischen den beiden Ländern in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren".
Blinken hob hervor, US-Präsident Joe Biden wolle "eine berechenbare, stabile Beziehung mit Russland", und betonte:
"Wir denken, dies ist gut für unser Volk, gut für das russische Volk und auch gut für die Welt."
In einer kurzen Erklärung, die das US-Außenministerium nach dem Treffen veröffentlichte, wies Pressesprecher Ned Price auch auf Bereiche hin, in denen Washington und Moskau gemeinsame Interessen haben, wie die Suche nach einer langfristigen Lösung im Bergkarabachkonflikt. Auch Afghanistan und die Eindämmung der Atomprogramme Irans und Nordkoreas wurden als Themen genannt, bei denen die USA und Russland ihre Anstrengungen bündeln sollten.
Die Erklärung fiel insgesamt jedoch sehr kritisch gegenüber Russland aus. Obwohl darin behauptet wurde, dass Biden "eine stabilere und berechenbare Beziehung zu Moskau" anstrebe, enthielt sie dennoch eine lange Liste von Beschwerden und Forderungen Washingtons gegenüber Moskau.
Unter anderem fordern die USA die Freilassung der US-amerikanischen Staatsbürger Paul Whelan, der in Russland wegen Spionage einsitzt, und des ehemaligen US-Marinesoldaten Trevor Reed, der im vergangenen August wegen eines Angriffs auf zwei russische Polizisten zu neun Jahren Gefängnis verurteilt wurde.
Washington äußerte zudem tiefe Besorgnis über "Russlands anhaltende militärische Einsätze in und nahe der Ukraine". Moskau bestreitet wiederholt, dass es Truppen in der Ukraine stationiert hat. Die jüngste Durchführung von Manövern nahe der ukrainischen Grenze betrachtet der Kreml als sein souveränes Recht.
Das erste hochrangige persönliche Gespräch zwischen Vertretern der Biden-Regierung und ihren russischen Amtskollegen dauerte eine Stunde und 45 Minuten – länger als die geplante eine Stunde. Videoaufnahmen zeigen, wie der russische Außenminister, ein bekennender Raucher, nach dem Treffen aus dem Fenster eines Wagens raucht, während er weggefahren wird.
Lawrow sagte russischen Staatsmedien, die Gespräche seien konstruktiv gewesen und Russland sei bereit, alle Fragen zwischen den beiden Ländern "auf der Basis gegenseitigen Respekts" zu diskutieren.
Ein Reporter der russischen Zeitung Kommersant fragte den Chefdiplomaten, ob Russland nach den Gesprächen grünes Licht für ein Gipfeltreffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Joe Biden gegeben habe, woraufhin dieser scherzhaft antwortete:
"Wir sind kein Zollhaus, um Zustimmungen zu geben."
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