Peking hat in unmissverständlichen Tönen erklärt, dass es weder eine Einmischung ausländischer Kräfte in Taiwan noch eine Unabhängigkeit der Insel dulden wird. Der chinesische Vizeaußenminister Le Yucheng reagierte sehr deutlich auf eine gemeinsame Stellungnahme der USA und Japans zu Taiwan – die erste Stellungnahme beider Staaten seit etwa 50 Jahren, in der die Taiwan-Frage erwähnt wurde. Er erklärte am Freitag der Nachrichtenagentur Associated Press:
"Die nationale Wiedervereinigung der Inseln Taiwan und China ist ein historischer Prozess. Sie wird durch keinen oder durch keine Kraft gestoppt werden. Wir werden niemals erlauben, dass Taiwan unabhängig wird."
China ist Le zufolge fest entschlossen, seine nationale Souveränität und Sicherheit zu verteidigen sowie die nationale Wiedervereinigung zu befördern.
"Wir sind bereit, alles zu tun, was wir können, um eine friedliche Wiedervereinigung zu erreichen. Dennoch verpflichten wir uns nicht, andere Optionen aufzugeben. Keine Option ist ausgeschlossen."
Auch andere chinesische Vertreter äußerten sich empört über die gemeinsame Erklärung Japans und der USA. Am Samstag veröffentlichte das Pressebüro des chinesischen Außenministeriums eine Pressemitteilung, in der es die USA und Japan dazu auffordert, "Chinas Bedenken ernst zu nehmen, sich an das Ein-China-Prinzip zu halten und umgehend aufzuhören, sich in Chinas innere Angelegenheiten einzumischen und Chinas Interessen zu beschädigen". Die Volksrepublik werde alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um ihre Souveränität, Sicherheit und Entwicklungsinteressen zu verteidigen.
Peking warf Washington und Tokio vor, sich mit der Erklärung "grob" in die inneren Angelegenheiten Chinas eingemischt und "heftig" gegen grundlegende Normen des Völkerrechts verstoßen zu haben. In der Pressemitteilung heißt es dazu:
"China bedauert das und lehnt es ab. Wir haben den USA und Japan auf dem diplomatischen Weg unsere feierliche Position dargelegt."
Die USA und Japan rotten sich laut Peking sogar zusammen und bilden "Cliquen", um die Blockkonfrontation anzuheizen, während sie über einen "freien und offenen" Indopazifik reden.
"Dieser anachronistische Schritt läuft dem Streben nach Frieden, Entwicklung und Zusammenarbeit zuwider, das die überwältigende Mehrheit der Länder in der Region und darüber hinaus teilt."
Japan und USA hatten am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung ihre Sorge über Entwicklungen in den chinesischen Territorien Hongkong, Taiwan, Xinjiang sowie das zwischen verschiedenen Staaten umstrittene Südchinesischen Meer mitgeteilt. Beide Staaten sprachen sich für einen "freien und offenen Indopazifik" aus und suggerierten, China bedrohe dieses Ziel.
Peking betrachtet Taiwan als integralen Bestandteil seines Territoriums. Die Spaltung Chinas in zwei Staaten – die Volksrepublik China auf dem Festland und die Republik China auf Taiwan – erfolgte im Anschluss an den Chinesischen Bürgerkrieg im Jahr 1949, in dem die kommunistische Volksbefreiungsarmee Mao Zedongs die nationalistischen Kräfte des von den USA unterstützten Militärmachthabers Chiang Kai-shek besiegt hatte. Dieser musste anschließend mit seinen verbleibenden Truppen nach Taiwan flüchten. Anfang der 1990er-Jahre hatten sich Vertreter beider Seiten zum Prinzip bekannt, dass es trotz der faktischen Zweiteilung in unterschiedliche Staaten nur ein Land namens China gibt, zu dem auch die Insel Taiwan gehört.
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