Zwölf Tobklubs aus drei Ländern haben sich so konkret wie nie und erstmals in aller Öffentlichkeit zu ihren Plänen für eine neue Superliga bekannt und damit postwendend den Zorn von Fußballfans und der UEFA provoziert. Angeführt von Real Madrid, Juventus Turin und Manchester United, deren Vertreter den Vorstand der exklusiven Vereinigung bilden sollen, sind insgesamt sechs weitere Klubs aus England und je drei aus Spanien und Italien in der Nacht von Sonntag zu Montag aus der Deckung gekommen. Die meisten heimischen Fans der Mannschaften schliefen da bereits – im Gegensatz zu Anhängern in den anvisierten lukrativen Märkten in Nordamerika und Asien.
Mit der angeblich weltweiten Nachfrage nach einem neuen Wettbewerb, der über eine ganze Saison hinweg zahlreiche Spitzenspiele mit vielen der klangvollsten Namen des europäischen Fußballs garantiert, argumentierte Real-Madrid-Präsident Florentino Pérez in der Mitteilung dann auch.
"Wir werden dem Fußball auf jedem Level helfen und ihn zu seinem rechtmäßigen Platz in der Welt bringen. Fußball ist der einzige globale Sport auf der Welt mit mehr als vier Milliarden Fans, und unsere Verantwortung als große Klubs ist es, auf deren Begehrlichkeiten zu reagieren", so Pérez.
Der Chef von Real Madrid soll "Chairman", also Präsident der neuen Organisation werden. Wie die Superliga offiziell heißt, ging aus den Mitteilungen auf den Webseiten der Klubs nicht eindeutig hervor: Sowohl von "European Super League" wie auch mehrheitlich von "Super League" war die Rede. Klar definiert ist dagegen die Liste der Gründungsmitglieder: Der FC Arsenal, Manchester United, der FC Liverpool, Tottenham Hotspur, der FC Chelsea und Manchester City aus England sind dabei, die beiden Mailänder Klubs AC und Inter sowie Juventus Turin aus Italien und die spanischen Topklubs FC Barcelona, Atlético Madrid und Rekordmeister Real Madrid.
Dortmund und Bayern wollen (noch) nicht
Diese zwölf Schwergewichte gehen zudem davon aus, dass sich noch drei weitere Klubs ihrem Zirkel anschließen werden – aus Deutschland oder Frankreich etwa ist bislang keine Mannschaft dabei. Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke erklärte, dass der BVB und der FC Bayern München sich über die Ablehnung der geplanten europäischen Super League im Fußball einig seien. Laut einer Mittteilung des BVB haben "beide deutsche Klubs, die im ECA-Board vertreten sind, der FC Bayern München und Borussia Dortmund, in allen Gesprächen zu 100 Prozent deckungsgleiche Auffassungen vertreten".
Man setze, so Watzke, auf die Umsetzung der geplanten Champions-League-Reform. Das habe man innerhalb der European Club Association (ECA) am Sonntag noch einmal zusammen bekräftigt. Es sei die klare Meinung der Mitglieder des ECA-Boards, dass man die Pläne zur Gründung einer Super League ablehne. Doch wie einstimmig die Ablehnung ist, bleibt zweifelhaft, da mit Umberto Gandini (AC Mailand), Sandro Rosell (FC Barcelona), Ivan Gazidis (Arsenal London), Pedro López Jimenez (Real Madrid) und Andrea Agnelli (Juventus Turin) auch Führungspersonal aus Vereinen in der ECA vertreten ist, die nach der neuen "Superliga" streben.
Gelockt wird für die "Super League" auch mit der Ankündigung, dass den Gründungsvereinen zunächst 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung stehen sollen – bei einer Einlage von, so geht aus der Mitteilung des börsennotierten Clubs Juventus Turin hervor, zwei Millionen und, falls nötig, bis zu weiteren acht Millionen Euro je Gründungsmitglied. Die Gründung soll von der US-Investmentbank JPMorgan unterstützt werden. Das bestätigte das Unternehmen am Montag der englischen Nachrichtenagentur PA. JPMorgan, die größte Bank der USA, sichert demnach die Finanzierung des neuen Wettbewerbs, der den Teilnehmern garantierte Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe sichern soll.
Rechtliche Schritte gegen UEFA und FIFA eingeleitet
Der größte Teil der Einnahmen soll wohl wie üblich aus der Vermarktung der TV-Rechte kommen. Die Vereine wollen auch Solidaritätszahlungen leisten und so nach eigenem Bekunden dafür sorgen, dass die ganze europäische Fußball-Pyramide von ihrem Plan profitiert. Gespielt werden soll mit insgesamt 20 Mannschaften in zwei Zehnergruppen, danach im aus der Champions League bekannten K.o.-System mit Hin- und Rückspielen in Viertel- und Halbfinals sowie einem Endspiel an neutralem Ort. Die fünf zusätzlichen Teams sollen sich jedes Jahr aufs Neue qualifizieren müssen – wie und auf Grundlage welcher Wettbewerbe, das ließen die Gründer offen.
Wie bislang im Europapokal soll das alles an den Tagen der Wochenmitte zu sehen sein – ein weiterer Beleg für den Frontalangriff auf die Königsklasse, deren Reform die UEFA bei der um 9.00 Uhr am Montag beginnenden Sitzung des Exekutivkomitees eigentlich beschließen wollte. Von der Saison 2024/25 sollen 36 statt bislang 32 Teams an der Champions League teilnehmen, deren bislang ausgebliebene Anpassung die Superliga-Gruppe zusammen mit den finanziellen Folgen der COVID-19-Pandemie als Begründung für ihren Schritt angibt.
Die Klubs betonen zwar, man freue sich nun auf die Diskussionen mit der FIFA und der UEFA und wolle partnerschaftlich daran arbeiten, das beste Resultat für die neue Liga und den Fußball als Ganzes zu erreichen – die Vorfreude aber ist wohl recht einseitig. Ohne die Superliga beim Namen zu nennen, brachte der Weltfußballverband FIFA noch in der Nacht in einer Stellungnahme seine "Missbilligung" zum Ausdruck über alle Pläne, die die "Grundprinzipien Solidarität, Inklusivität, Integrität und gleichberechtigte finanzielle Umverteilung" nicht widerspiegeln. Schon als die Nachricht am Sonntagabend langsam durchsickerte, waren von der UEFA und auch von der Deutschen Fußball Liga und dem Deutschen Fußball-Bund eindeutig ablehnende Reaktionen gekommen.
Die Gründungsmitglieder der geplanten Super League hingegen haben der Nachrichtenagentur AP zufolge bereits rechtliche Schritte eingeleitet, um die internationalen Verbände UEFA und FIFA an einer Einmischung zu hindern. Dies soll der Europäischen Fußball-Union und dem Weltverband demnach in einem Schreiben mitgeteilt worden sein. Die zwölf Klubs erklärten, dass bei den zuständigen Gerichten Anträge gestellt seien, um die reibungslose Einführung und Durchführung der Super League zu gewährleisten. Die UEFA hatte gedroht, die Vereine aus den nationalen Ligen auszuschließen. Die FIFA hatte bereits zu Jahresbeginn die Möglichkeit ins Spiel gebracht, die Spieler für deren Nationalmannschaften bei Weltmeisterschaften zu sperren.
Scharfe Kritik gab es auch vom europäischen Fan-Netzwerk Football Supporters Europe (FSE). "Dieser geschlossene Wettbewerb wird der letzte Nagel im Sarg des europäischen Fußballs sein und alles zerstören, was ihn so beliebt und erfolgreich gemacht hat", hieß es in einer Erklärung am Sonntag. "Diese Pläne sind von Grund auf illegitim, unverantwortlich und gegen jeglichen Wettbewerb. Mehr noch, sie werden ausschließlich aus Gier vorangetrieben."
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(rt de/dpa)