Nach NATO-Abzug: Afghanistans Präsident rechnet nicht mit Machtübernahme der Taliban

Der afghanische Präsident Aschraf Ghani rechnet nach dem Abzug der internationalen Truppen aus dem Krisenland nicht mit einer Machtübernahme der islamistischen Taliban. Die NATO hat am vergangenen Mittwoch entschieden, bis zum 1. Mai den Abzug aus Afghanistan einzuleiten.

In einem Interview mit dem Sender CNN verneinte Ghani am Sonntag die Frage, ob er glaube, dass seine Regierung wegen Angriffen der Extremisten unmittelbar zusammenbrechen könnte. Der Präsident verwies darauf, dass afghanische Sicherheitskräfte bereits in den vergangenen zwei Jahren mehr als 90 Prozent aller Operationen ausgeführt hätten. Mit Blick auf die zugesagte nicht-militärische Unterstützung des Westens fügte er hinzu: "Unsere Partner lassen uns nicht im Stich."

Er sagte, die Taliban und deren Unterstützer in Pakistan müssten sich nun entscheiden, ob sie "glaubwürdige internationale Akteure" werden oder Chaos wollten.

"Die Hauptausrede, dass dies ein Krieg ist, um die internationalen Streitkräfte aus Afghanistan herauszubekommen, ist vorbei. Es gibt keine religiöse Rechtfertigung für den Krieg. Eine politische Lösung ist ein Muss."

Ghani sprach sich für eine "Friedensregierung" unter Einbeziehung der Taliban aus, die für eine kurze Übergangszeit bis zu einer international überwachten Wahl herrschen solle. Er betonte, bereit zu sein, seine eigene Amtszeit dafür zu verkürzen.

Die Taliban müssten Frauenrechte akzeptieren, so Ghani. Alles andere wäre "hinsichtlich der Menschenrechte eine der größten Ungerechtigkeiten der Geschichte". Der Präsident sprach sich dafür aus, dass Afghanistan nach dem Abzug der internationalen Truppen "permanent neutral" werde. Damit solle verhindert werden, dass das Land wieder "ein Schlachtfeld für Stellvertreterkriege in der Region" wird.

Die NATO hat am vergangenen Mittwoch entschieden, bis zum 1. Mai den Abzug aus Afghanistan einzuleiten. Zuvor hatten sich die USA als größter Truppensteller auf den 11. September als Abzugstermin festgelegt – den 20. Jahrestag der Terroranschläge in den USA. Die Bundeswehr soll schon bis Mitte August abgezogen werden. Deutschland stellt mit 1.100 Soldaten nach den USA das zweitgrößte Kontingent in der etwa 10.000 Soldaten starken NATO-Truppe in Afghanistan.

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