Viele Menschen leiden unter der Krise, nicht nur psychisch und physisch, sondern auch finanziell. Arbeitnehmer müssen auf Gehalt verzichten, in Kurzarbeit gehen oder verlieren ganz ihren Job. Besonders große Teile des Mittelstandes, des einstigen Rückgrates der deutschen Wirtschaft, stehen vor dem Aus. Viele Superreiche hingegen können sich in der Corona-Krise über enorme Zugewinne freuen, berichtet das Handelsblatt am Mittwoch.
So haben die 2.365 Milliardäre auf der Welt zwischen dem 18. März 2020 und dem 18. März 2021 ihr Vermögen um vier Billionen Dollar gesteigert, ein Plus von 54 Prozent. Insgesamt besitzen die Milliardäre damit jetzt die unvorstellbare Summe von 12,39 Billionen Dollar. Dies geht aus einer neuen Untersuchung des US-Instituts für politische Studien (IPS) hervor.
Allein die reichsten 20 Milliardäre haben ihr Vermögen binnen Jahresfrist demnach um 742 Milliarden Dollar gesteigert. Unter den Milliardären, deren Vermögen am stärksten stieg, liegen vor allem chinesische und amerikanische Unternehmer in der Digitalisierungsbranche vorn.
Den größten Vermögensanstieg verzeichnete demnach der chinesische Geschäftsmann Zhong Shanshan. Sein Vermögen wuchs binnen eines Jahres um 1.300 Prozent von zwei auf 68 Milliarden Dollar. Der Grund dafür: der Börsengang zweier Unternehmen.
Hinter Zhong Shanshan liegen die Russin Tatyana Bakalchuk (plus 1.200 Prozent) auf Platz zwei und der Chinese Zuo Hui (plus 714 Prozent) auf Platz drei. Platz neun belegt Elon Musk, der sein Vermögen zeitweise um 137,5 Milliarden Dollar oder 559 Prozent steigern konnte.
Nun schlägt sogar der Internationale Währungsfonds (IWF) Alarm. Im Vorfeld der Frühjahrstagung in dieser Woche schlägt der Weltwährungsfonds in seiner neuen Konjunkturprognose sowie seinen ökonomischen Analysen Alarm. So lautet direkt der erste Satz in einer Analyse, in der sich der IWF mit den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie auseinandersetzt:
"Die COVID-19-Pandemie verstärkt den Teufelskreis der Ungleichheit."
Die Regierungen sollten demnach mehr von oben nach unten umverteilen – und die Steuern für Vermögende und Gutverdiener erhöhen, es passiert jedoch das Gegenteil. Der IWF hat dabei aber keineswegs nur die Super-Milliardäre aus dem Ranking des IPS im Blick, sondern auch die obere Mittelschicht und Immobilienbesitzer in den Industriestaaten.
Durch Corona nehme zum einen die Ungleichheit zwischen Staaten zu, so der IWF. Verglichen mit den Prognosen von vor der Corona-Krise liege das Pro-Kopf-Einkommen in den Entwicklungs- und Schwellenländern zwischen 2020 und 2022 um 20 Prozent niedriger, in den Industriestaaten aber nur um elf Prozent. Weltweit seien 95 Millionen Menschen während der Pandemie in die Armut abgerutscht. Die Weltbank ging im Oktober 2020 sogar von 150 Millionen aus. Mittlerweile dürften es noch deutlich mehr sein. Dagegen müsse die Staatengemeinschaft etwas tun. Und beim Kampf gegen Armut helfe vor allem: mehr Geld.
Doch auch da gibt es Grenzen, die nach Meinung einiger Experten längst überschritten sind. Die Neuverschuldung durch das ständige Erhöhen der Geldmenge durch die Zentralbanken werde früher oder später zu einer Inflation oder im schlimmsten Fall gar zu einer Stagflation führen. Die geplante Ausweitung der Zentralbankgeldmenge allein in der Corona-Krise beträgt laut Hans-Werner Sinn nach den jüngsten Beschlüssen mehr als drei Billionen Euro für die EU. Die gesamte Zentralbankgeldmenge des Eurosystems betrug vor dem Beginn der Finanzkrise 2008 nur 900 Milliarden Euro. Nach den nun beschlossenen Programmen der EZB wird sie im Juni 2021 mehr als sechs Billionen Euro betragen: fast eine Verdopplung im Corona-Jahr von März 2020 bis März 2021 und mehr als eine Versechsfachung innerhalb eines Jahrzehntes.
Das beflügelt die Depots der Aktionäre und enteignet die Sparer. Der Staat als größter Schuldner würde wie bei der Finanzkrise 1923 am meisten von einer hohen Inflation profitieren. Der Steuerzahler muss dafür die ganzen Mehrausgaben in den nächsten Jahrzehnten durch neue bzw. höhere Abgaben finanzieren.
Zum anderen nehme die Ungleichheit aber auch innerhalb von Staaten zu, schreibt der IWF. Gerade junge Arbeitnehmer und Arbeitskräfte mit relativ geringen Qualifikationen seien stark von der Krise betroffen, da gerade in ihren Branchen die Beschäftigung stärker zurückgegangen ist und ihre Jobs stärker von der Automatisierung bedroht sind. So schreibt der IWF:
"Da die Krise die Kräfte der Digitalisierung und Automatisierung beschleunigt hat, ist es unwahrscheinlich, dass viele der verlorenen Arbeitsplätze zurückkehren werden."
Dafür und zur Finanzierung der Krisenlasten sollten Staaten die Steuern für Wohlhabende erhöhen, etwa durch die Einführung oder Erhöhung von Abgaben auf Immobilien oder Erbschaften. Einige Länder hätten durchaus auch noch Spielraum, die Einkommensteuer für Gutverdiener anzuheben, so der IWF. Zudem müssten Schlupflöcher zur Steuervermeidung durch Konzerne gestopft werden.
Die Frage stellt sich allerdings, wie "Gutverdiener" definiert werden. So wollen z. B. die Grünen den Spitzensteuersatz für Single-Einkommen ab 100.000 Euro brutto einführen. In anderen Varianten ist auch eine Anhebung dessen von 42 auf 47 Prozent geplant. Die pauschale Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge von 25 Prozent soll abgeschafft und wie Arbeitseinkommen mit dem persönlichen Einkommenssteuersatz belegt, d. h. deutlich erhöht werden. Ob die in Deutschland sowieso schon rekordverdächtigen Steuern- und Abgaben dann die "Richtigen" treffen, ist zu bezweifeln. Gerade das oberste Prozent der Vermögenden kennt sich mit internationalen "Steueroptimierungsprogrammen" aus und ist für viele Staaten schon seit Jahren einfach nicht greifbar.
Und während die Milliardäre immer reicher wurden, ließ die Pandemie die Weltwirtschaft bis 2020 um 3,5 Prozent schrumpfen, so der Internationale Währungsfonds. COVID-19 hat die globale Ungleichheit beschleunigt, mit akuten negativen Auswirkungen auf Frauen, Jugendliche, Arme, prekär Beschäftigte und diejenigen, die in kontaktintensiven Branchen wie dem Pflegebereich arbeiten.
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