Rolle rückwärts bei Pfizer: Auslieferungsziel von 100 Millionen Impfdosen wird halbiert

Die nationalen Impfstrategien liegen bereits in den Schubladen. Nun verkündet der US-Konzern Pfizer, die eigenen Ziele nicht erreichen zu können. Lieferketten, klinische Studien und obligatorische Standards konnten mit dem vorgegebenen Tempo nicht mithalten.

Erst vor wenigen Tagen wurde der Durchbruch vermeldet: Das deutsche Unternehmen BioNTech und der US-Pharmariese Pfizer gaben bekannt, dass ihr Corona-Impfstoff reif für den Markt sei. Politik und Leitmedien feierten und entwickelten eilig Impfstrategien für die Bevölkerung.

Die britische Aufsichtsbehörde erteilte nach Angaben BioNTechs und seines US-Partners erst am Mittwoch eine Notfallzulassung für deren Corona-Impfstoff BNT162b2, womit Großbritannien zum ersten Land wurde, das dem entwickelten Impfstoff eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellte. Die britischen Behörden bestellten bereits 40 Millionen Impfdosen, die für 20 Millionen Bürger reichen sollten, berichtet die BBC.

Nun meldet Pfizer, dass man das eigene Auslieferungsziel unter anderem aufgrund von Problemen beim Ausbau der entsprechenden Lieferketten nicht erreichen könne. Das hochgesteckte Ziel müsse halbiert werden. 100 Millionen Impfdosen wollten Pfizer und BioNTech ursprünglich bis Ende des Jahres ausliefern. Nun sind es 50 Millionen.

"Der Ausbau der Rohstofflieferkette dauerte länger als erwartet", erklärte eine Unternehmenssprecherin nach Angaben des Wall Street Journal.

Für das Jahr 2021 halte man jedoch an den ursprünglichen Auslieferungszielen fest. Auf Nachfrage von RT DE erklärte Susanne Straetmans, Kommunikationsleiterin von Pfizer in Berlin:

"Auf der Grundlage aktueller Prognosen gehen wir davon aus, dass wir weltweit bis zu 50 Millionen Impfstoffdosen im Jahr 2020 und bis zu 1,3 Milliarden Dosen im Jahr 2021 herstellen werden. Bitte beachten Sie, dass der Impfstoffkandidat BNT162b2 in Deutschland bisher nicht zur Anwendung zugelassen ist. Wir freuen uns, eine Vereinbarung mit der Europäischen Kommission getroffen zu haben, um der Europäischen Union Zugang zu unserem potenziellen Impfstoff zu gewähren. Wir schätzen die Bemühungen der Europäischen Kommission, sich mit den EU-Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, abzustimmen, um sicherzustellen, dass der Impfstoffkandidat im Falle seiner Zulassung rasch in die Regionen mit dem größten Bedarf geliefert werden kann."

Auch bei der U.S. Food and Drug Administration (FDA) hatte das transatlantische Tandem eine Notfallzulassung beantragt. Eine potenzielle Zulassung solle eine Impfstoffversorgung von Hochrisikopopulationen in den USA Mitte bis Ende Dezember 2020 ermöglichen.  

"Die Einreichung basiert auf einem 95-prozentigen Impfschutz (p<0.0001) in Probanden ohne vorherige SARS-CoV-2-Infektion (erstes Hauptziel der Studie), wie die Phase-3-Studie zeigte. Auch in Probanden mit oder ohne vorheriger SARS-CoV-2-Infektion konnte ein Impfschutz erreicht werden (zweites Hauptziel der Studie). In beiden Fällen wurde der Impfschutz sieben Tage nach der zweiten Dosis erzielt", heißt es dazu in einer BioNTech-Pressemitteilung.

Um den nach eigenen Angaben 95-prozentigen Schutz zu gewährleisten, ist die Verabreichung von zwei Dosen des Impfstoffs notwendig.

Noch bis Mitte November hatte Pfizer trotz wachsender Zweifel an der Umsetzbarkeit am Auslieferungsziel von 100 Millionen Impfdosen festgehalten. Doch neben den Engpässen bei der Auslieferung tauchte ein weiteres Problem auf.

"(...) Es ist wichtig, hervorzuheben, dass das Ergebnis der klinischen Studie etwas später als ursprünglich vorgesehen eintrat", zitiert das Wall Street Journal die Unternehmenssprecherin.

Zudem erklärte eine bei der Entwicklung des Impfstoffs beteiligte Person, dass man "spät dran" gewesen sei.

"Einige Bestandteile entsprachen nicht den Standards. Wir haben dies behoben, aber uns lief die Zeit davon, um die für dieses Jahr geplanten Lieferungen zu erfüllen."

"Impfstoffe enthalten in der Regel Materialien von Lieferanten, die Antivirusmittel, antiseptische Flüssigkeiten, steriles Wasser und Elemente der DNA des Virus selbst enthalten können, die keine ernsthaften Symptome verursachen, aber das Immunsystem zur Bildung von Antikörpern anregen", heißt es dazu beim US-Journal.

Weitere Informationen darüber, um welche Bestandteile es sich handele, wollte der Konzern nicht zur Verfügung stellen.

Teil der Herausforderungen sei es gewesen, dass Pfizer nie zuvor einen Impfstoff auf Basis der mRNA-Technologie produziert habe.

"Hier geschah alles gleichzeitig. Wir begannen mit dem Aufbau der Lieferkette im März, als sich der Impfstoff noch in der Entwicklung befand. Das ist völlig beispiellos", gab die mit der Impfstoffentwicklung vertraute Person zu Protokoll.

Die EU bestellte vorsorglich bereits 200 Millionen Impfdosen mit einer Option auf 100 Millionen weitere Einheiten beim US-Pharmakonzern. Japan folgt mit 120 Millionen Impfdosen. Bei der US-Regierung sind es 100 Millionen Impfdosen – inklusive der Option auf weitere 500 Millionen Dosen.

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