Nahostexperte Kamal Sido zu Hagia Sophia: "Eine schlechte Nachricht für die Muslime"

Die Entscheidung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, die Hagia Sophia von einem Museum in eine Moschee umzuwandeln, stieß vielfach auf Kritik. Nicht nur christliche Vertreter mahnten Erdoğan an, von dem Schritt abzusehen: Auch Muslime äußerten sich kritisch.

Die Hagia Sophia wurde im 6. Jahrhundert als Kirche erbaut. Durch die osmanische Eroberung von Konstantinopel – heute Istanbul – wurde sie 1453 zu einer Moschee umgewandelt. Fast 500 Jahre später beschloss Mustafa Kemal Atatürk, der Gründungsvater der Republik Türkei, aus ihr ein Museum zu machen. Das oberste Verwaltungsgericht der Türkei hat nun das Gerichtsurteil von 1934 annulliert. So kann das fast 1.500 Jahre alte Gebäude zu einer Moschee umgestaltet werden.

Zahlreiche kritische Reaktionen folgten: Papst Franziskus kündigte an, er sei "voller Schmerz". Die UNESCO, die das Bauwerk 1985 in ihre Liste des Weltkulturerbes aufgenommen hatte, bedauerte die Entscheidung zutiefst. Die griechische Regierung sprach von einem "historischen Fehler".

Für den Nahostexperten Kamal Sido von der Gesellschaft für bedrohte Völker, der selber Muslim ist, sei diese Entscheidung "keine gute Nachricht für die Muslimen", weil sie "das Ansehen der Muslimen weltweit schadet". Er betrachtet sie als politisch motiviert:

Erdoğan benutzt aktiv den Islam, um seine politischen Interesse innerhalb, aber auch außerhalb der Türkei durchzusetzen." Internationale Konsequenzen der Umwandlung wird es für den türkischen Präsident kaum geben: "Ich vermute, dass es bei diesen verbalen Verurteilungen bleibt, diese Verurteilungen sind nicht so scharf", so Sido.