Bundestag beschließt Gesetzesänderung zum Behinderten-Wahlrecht für EU- und Bundestagswahlen

Rund 80.000 betreute und behinderte Menschen in Deutschland sind von Bundestags- und EU-Wahlen nicht mehr ausgeschlossen. Dies entschied der Bundestag am Freitagmorgen, nachdem das Bundesverfassungsgericht den Ausschluss als verfassungswidrig eingestuft hatte.

Aufgrund ihrer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung werden in Deutschland rund 80.000 Menschen betreut. Das Bundesverfassungsgericht entschied im Februar, dass deren Ausschluss von den Wahlen verfassungswidrig sei. Mit dem neuen Entscheid haben auch Straftäter ein Wahlrecht, wenn sie wegen Schuldunfähigkeit in einer psychiatrischen Klinik untergebracht sind. Landesverräter und Wahlfälscher, denen das Wahlrecht entzogen wurde, dürfen allerdings weiterhin nicht wählen. 

Grüne, Linke und die FDP hatten in einem Eilantrag gefordert, dass betreute Menschen an der Europawahl teilnehmen können. Union und SPD lehnten eine Gesetzesänderung so kurz vor der Wahl mit der Begründung ab, diese würde in die Wahlvorbereitungen eingreifen.

Der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion Friedrich Straetmanns kritisierte die Haltung von Union und SPD: 

Damit schließen Sie ohne Not mehrere zehntausend Menschen von der Wahl aus."

Jürgen Dusel, Behindertenbeauftragter der Bundesregierung, sagte gegenüber SWR2, dass es nicht um die Umsetzung von "irgendetwas Nettem", sondern um fundamentale Grundrechte ginge. Auch geistig Behinderte seien in der Lage, eine begründete Wahlentscheidung zu treffen:

Das inklusive Wahlrecht wird unserer Demokratie gut zu Gesicht stehen. (...) Ich meine, dass man die Person unterstützen muss, wie sie Informationen bekommt."

Wählern die nicht lesen können oder anderweitig beeinträchtig sind, darf nach einem neuen Passus im Bundeswahlgesetz geholfen werden: 

Die Hilfeleistung ist auf technische Hilfe bei der Kundgabe einer vom Wahlberechtigten selbst getroffenen und geäußerten Wahlentscheidung beschränkt."

(rt deutsch/dpa)