Regierung beschließt "Fachkräfteeinwanderungsgesetz"

Die Bundesregierung hat ein neues Gesetz zur "Einwanderung von Fachkräften" beschlossen. In Arbeit stehenden abgelehnten Asylbewerbern soll das Bleiben erleichtert werden. Mit diesen Maßnahmen solle der "Fachkräftemangel" in Deutschland bekämpft werden.

Die Bundesregierung hat am Mittwoch den Gesetzentwurf für das neue "Fachkräfteeinwanderungsgesetz" verabschiedet. Es sieht vor, dass die Hürden für die Einreise von Beschäftigten aus Nicht-EU-Staaten deutlich gesenkt werden. Bei entsprechender Qualifikation sollen ausländische Arbeitskräfte auch ohne Arbeitsvertrag kommen dürfen, um sich eine Stelle zu suchen. Dies war bisher nur Hochschulabsolventen erlaubt. Mit der Neuregelung will die Regierung den angeblichen Fachkräftemangel beheben, der - so Arbeitsminister Hubertus Heil am Mittwoch in Berlin - in einigen Branchen und Regionen bereits jetzt ein "Wachstumshemmnis" sei.

Darüber hinaus hat die Regierung neue Regeln beschlossen, um abgelehnten Asylbewerbern mit Arbeitsstelle eine Chance auf einen dauerhaften Aufenthalt zu geben. Durch ein Beschäftigungsduldungsgesetz solle diesen neue Perspektiven gegeben werden. "Im Kern geht es darum, dass wir nicht die Falschen abschieben", so Heil. Innenminister Horst Seehofer erklärte, die Pläne, die noch vom Bundestag gebilligt werden müssen, könnten auch einen Beitrag dazu leisten, die illegale Migration zurückzudrängen.

Die sogenannte Beschäftigungsduldung würde abgelehnten Asylbewerbern, die mit einer Duldung in Deutschland leben, die Möglichkeit geben, einen sichereren Aufenthaltstitel zu erhalten. Voraussetzung ist unter anderem, dass sie mindestens 18 Monate in Vollzeit gearbeitet haben.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier lobte die Regierung und sprach von einem "historischen Tag". Er sagte, dass die Regierung jetzt 30 Jahre Debatte über ein Einwanderungsgesetz hinter sich lasse, sei "ein Ausweis für die Handlungsfähigkeit der großen Koalition".

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Anders als von der Regierung und einem Großteil der Medien dargestellt, ist der behauptete universelle Fachkräftemangel in Deutschland alles andere als eine Tatsache. Im Interview mit Telepolis erklärte der Ökonom Heinz-Josef Bontrup dazu:

Einen flächendeckenden Fachkräftemangel gibt es in Deutschland nicht. Das auf Teilarbeitsmärkten oder auch auf regionalen Arbeitsmärkten Verknappungen auftreten können, ist eine ökonomisch allenfalls triviale Feststellung… Verknappungen auf Teilarbeitsmärkten widersprechen auch keiner insgesamt in einer Volkswirtschaft vorliegenden Massenarbeitslosigkeit.

Die deutschen Arbeitsmärkte, so Bontrup, hätten sich "noch nie in einem so schlechten Zustand" befunden wie heute. Die Realität sei geprägt von einer künstlich runtergerechneten Massenarbeitslosigkeit und einem Prekariat von teilzeitlich, gering und befristeten beschäftigten. Vor diesem Hintergrund bewertet Bontrup das neue "Fachkräfteeinwanderungsgesetz" ausgesprochen kritisch:

Hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland abzuwerben, führt zu einer Fehlallokation und entspricht in der Tat einem egoistischen nationalstaatlichen Denken. Denn die Fachkräfte werden vielmehr zum Aufbau in ihren Herkunftsländern gebraucht. Wenn sie dann noch in das Land des Exportweltmeisters Deutschland gelockt werden, ist dies besonders verwerflich und gleichzeitig ökonomisch völlig irrational.

Das "Fachkräfteeinwanderungsgesetz" könnte bei Inkrafttreten eine neue Einwanderungswelle nach Deutschland auslösen. Bereits in den Jahren der Eurokrise hatte die Bundesregierung in den Krisenländern im Süden und Osten der EU Arbeitskräfte angeworben.

Auch der flüchtlingspolitische Schwenk vom Herbst 2015 kann im Kern als Maßnahme zur Beschaffung von Arbeitskräften unter humanitärem Deckmantel verstanden werden. Eine nicht sehr erfolgreiche Maßnahme, wie man mit Blick auf die Beschäftigungsquoten unter den Flüchtlingen ergänzen muss. Seit 2016 schließlich werden Arbeitsmigranten aus den Ländern des Westbalkans in großem Umfang nach Deutschland geholt.

Ökonom Bontrup hat für den deutschen Fachkräftemangel im Übrigen eine einfache Lösung. Den US-amerikanischen Nobelpreisträger Paul Krugman zitierend, sagte er im Telepolis-Interview:

Zahlen Sie anständig, dann werden Sie auch schnell ihre benötigten Arbeitskräfte finden.

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