Statistisch könnten Christen in Deutschland ab 2022 in der Minderheit sein

Die großen deutschen Kirchen verlieren schon lange Mitglieder. Doch bald könnte die Zahl der Kirchenaustritte so groß sein, dass es zu einem historischen demographischen Wandel kommt: Christen könnten in Deutschland bald in der Minderheit sein.

In Deutschland vollzieht sich womöglich bereits in vier Jahren ein historischer Wandel. Seit der Zeit Karls des Großen und seiner Krönung zum Kaiser durch Papst Leo III. im Jahr 800 war Deutschland in all seinen Konstellationen stets ein christliches Land. Wie in anderen europäischen Ländern auch, wurde die Kirche selbst zu einem Machtfaktor mit weltlichen Privilegien und Reichtum. Ziemlich genau eintausend Jahre lang konnte die Kirche diese Macht in vollen Zügen auskosten, bis im Zuge von Napoleons Säkularisierungsrevolution 1803 im Reichsdeputationshauptschluss auch hierzulande die Enteignung der Kirchen festgelegt wurde.

Der weltlichen Macht und Besitztümern entledigt, blieb den Priestern, Pfarrern und Bischöfen eigentlich nichts weiter übrig, als sich um ihre Gläubigen zu kümmern. Denn um ihren Unterhalt musste sich der Klerus nicht sorgen. Als Entschädigung für die Enteignungen erhielt er sogenannte Staatsleistungen, die der Staat beziehungsweise die Steuerzahler noch heute bezahlen. Und damit ist nicht die Kirchensteuer gemeint.

Auch sämtliche Krankenhäuser, Kindergärten oder Altenheime, bei denen die römisch-katholische oder die evangelische Kirche als Träger auftritt, werden mindestens zu 90 Prozent vom Staat finanziert. Alles aus diesem Topf der Staatsleistungen.

In einer Umfrage aus dem Jahr 2017, an der über 47.000 Personen teilgenommen haben, die aus einer der beiden Kirchen ausgetreten sind, gaben 45,6 Prozent an, dass die Kirchensteuer der Grund für den Austritt gewesen sei. 31,5 Prozent waren mit der "Institution Kirche/Amtsträger" unzufrieden, und 17,4 Prozent haben den Glauben an Gott verloren.

Dass aber fast die Hälfte der befragten Personen angibt, aufgrund der Kirchensteuer ausgetreten zu sein, und ein weiteres Drittel mit der Institution selbst unzufrieden war, ergibt doch ein klares Bild davon, wo die Probleme im deutschen Christentum liegen.

Solange die Kirchen nach wie vor vom deutschen Staat über die Staatsleistungen und die Kirchensteuer finanziert werden, gibt es für sie keinen wirklichen Anreiz, etwas an ihrer Ausrichtung zu ändern. Und so könnte tatsächlich der Fall eintreffen, den die Statistiken der Kirchen erwarten: dass Christen aufgrund der weiteren Abgänge bis zum Jahr 2022 mit einem Bevölkerungsanteil von 49,9 Prozent zum ersten Mal in der deutschen Geschichte nur noch die Minderheit darstellen.

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