Die verantwortliche Bundesregierung habe mittlerweile realisiert, dass "über zusätzliche Hilfsangebote für die Wirtschaft beraten" werden muss, so die ARD-Tagesschau zu den jüngsten beiden separaten "Wirtschaftsgipfeln" im politischen Berlin. Führende Wirtschaftsvertreter monieren laut Spiegel-Informationen indes die Uneinigkeit innerhalb der Ampelkoalition. Medien zufolge wurden weder Wirtschaftsminister Habeck noch Finanzminister Lindner vorab vom Kanzleramt darüber informiert, dass der Kanzler einen separaten Gipfel plane.
Die Bundesregierung irritiert Wirtschaftsverbände und die Bürger mit unkoordiniert wirkenden Aktivitäten im Regierungsviertel. So titelt das Handelsblatt zum chaotisch anmutenden Agieren der Ampelkoalition:
"Zwei Wirtschaftsgipfel – und der Wirtschaftsminister fehlt"
Bundeskanzler Olaf Scholz bittet demnach "zum Industriegipfel und spricht am Nachmittag mit Managern und Gewerkschaftern der Branchen Auto, Stahl und Chemie." Nicht anwesend dabei: die wichtigen jeweiligen Minister für Wirtschaft und Finanzen.
Finanzminister Christian Lindner selbst lädt laut Medienbericht "bereits am Vormittag zum Wirtschaftsgipfel der FDP-Fraktion, wo jene Arbeitgeber-, Handwerks- und Familienunternehmerverbände geladen sind, die es nicht in die sauerstoffarmen Höhen des Kanzleramts geschafft haben", so das Handelsblatt süffisant formulierend. Am Vortag informierte bereits die Welt-Zeitung zu den separaten Vorgängen, unter dem Titel "Bruchlinien der Regierung":
"Der Kanzler lädt zum Wirtschaftsgipfel ins Bundeskanzleramt ein – doch Wirtschaftsminister Habeck und Finanzminister Lindner fehlen. Beide sollen von dem Treffen nur beiläufig erfahren haben, was viele Fragen aufwirft."
Laut Spiegel-Artikel mahnten Wirtschaftsvertreter vor den "zwei konkurrierenden Wirtschaftsgipfeln" zur politischen Einigkeit innerhalb der Koalition. So sei, "um die Konjunktur anzukurbeln, ein einheitliches und schnelles Handeln der Regierung nötig." Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, wird mit den Worten zitiert:
"Die Wirtschaftsdaten mahnen zur Eile. Ein gemeinsamer, schlüssiger und abgestimmter Regierungsplan ist nötig, keine zersplitterte Partei- oder Wahlkampftaktik."
In den heutigen Gesprächen zweier Runden werde es darum gehen müssen, "die Notwendigkeit eines von der Regierung in Gänze getragenen wirtschaftspolitischen Konzeptes zu betonen."
Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Martin Wansleben, teilte laut Artikel mit, die schlechte Konjunktur "sei in den Betrieben voll angekommen", um weiter zu erklären:
"Jetzt helfen keine allgemeinen Diskussionen, sondern nur konkrete Maßnahmen: Erstens den Bundeshaushalt beschließen, zweitens Planungsbeschleunigung endlich voranbringen, drittens die Wachstumsinitiative konkret umsetzen."
Wahrnehmungen, Kritik oder sonstige Kommentierungen seitens Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck oder seiner Pressestelle sind seit gestern medial nicht zu vernehmen. So schwieg der Minister auch zu der Ankündigung des Automobilkonzerns Volkswagen, im nächsten Jahr drei Werke in Deutschland zu schließen. Laut Betriebsrat droht damit der Verlust von zehntausenden Arbeitsplätzen. Ganze Abteilungen sollen laut den Plänen geschlossen oder ins Ausland verlagert werden. Im September forderte Habeck noch bei einem VW-Konzernbesuch, dass das Unternehmen "nicht kaltherzig sein soll" und keine Werksschließungen beschließen möge.
Bundeskanzler Scholz wird seitens seines Sprechers demgegenüber zu der VW-Mitteilung mit der Erklärung zitiert:
"Es sei Auffassung des Kanzlers, 'dass mögliche falsche Managemententscheidungen aus der Vergangenheit nicht zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen dürfen.' Es gehe darum, 'Arbeitsplätze zu erhalten und zu sichern'."
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte laut ARD-Tagesschau zu existierenden Unstimmigkeiten innerhalb der Ampel:
"Es mangelt nicht an Ideen. Woran es gegenwärtig mangelt, ist Einvernehmen in der Regierungskoalition."
Laut dem Handelsblatt gebe sich die FDP dabei "wenig Mühe zu verbergen", was sie mit ihrer einberufenen Parallelveranstaltung zum Ausdruck bringen will:
"Dass für sie Wirtschaft nicht erst da anfängt, wo Gewerkschaftsvertreter mit SPD-Parteibuch im Konzernaufsichtsrat sitzen."
Der Präsident des Bundesverbands der Freien Berufe, Stephan Hofmeister, geladen auf dem FDP-Gipfel, kommentierte zuvor:
"Jede ernsthafte Befassung mit der wirtschaftlichen Krise ist geboten, für parteipolitisches Geplänkel ist angesichts der drängenden Herausforderungen keine Zeit."
Das Bundeskanzleramt erklärte zum "Kanzler-Gipfel" mit Wirtschaftsvertretern, dass es "inhaltlich um weitere Maßnahmen gehen soll, um den Industriestandort Deutschland zu stärken und zu modernisieren", so die Mitteilung an die Medien. Die ARD-Tagesschau ergänzt:
"Ein vertrauliches Gespräch soll es werden. Weder über Inhalte noch über die genauen Teilnehmer möchte die Regierung offiziell informieren."
Eine mehr als erwartbare Pressekonferenz ist demnach bislang im Anschluss an den Gipfel im Kanzleramt nicht geplant.
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