Oskar Lafontaine: "Wenn wir Kriegslügen entlarven, haben wir die Chance, Frieden zu finden"

Krieg und Propaganda sind symbiotisch. Kriegslügen zu entlarven, ist die Voraussetzung für Frieden, schreibt Lafontaine. Am Beispiel des Völkermords Israels im Gazastreifen sowie anhand des Ukraine-Konflikts legt er die Verbindung von Politik und Medien, von Propaganda und Kriegswillen offen.

In einem Gastbeitrag von Oskar Lafontaine auf den NachDenkSeiten untersucht der Politiker das Zusammenspiel von Krieg und Desinformation. Lafontaine beleuchtet einerseits den Genozid, den Israel im Gazastreifen verübt, und den Ukraine-Krieg andererseits. Beide historischen Ereignisse kommen nicht ohne massive Desinformation und Propaganda aus. Israel geht mit aller Brutalität gegen die Menschen im Gazastreifen vor und nutzt Hunger als Mittel der Kriegsführung. Dabei handelt es sich um mindestens ein Kriegsverbrechen.

Im Zusammenhang mit dem Abwurf von Hilfslieferungen über dem Gazastreifen unter Beteiligung Deutschlands einerseits und der Lieferung von Waffen andererseits spricht Lafontaine angesichts der offenen Kriegsverbrechen Israels von "Heuchelei und Verlogenheit", die kaum noch zu überbieten sei. Er fügt hinzu:

"Außerhalb der NATO-Staaten erntet die deutsche Außenpolitik, zu Zeiten des Bundeskanzlers und Friedensnobelpreisträgers Willy Brandt in aller Welt hochgeschätzt, nur noch Verachtung."

Das ist zwar richtig, bleibt den Deutschen jedoch weitgehend verborgen, denn es wird darüber nicht berichtet, muss man hinzufügen. Tatsächlich ist das Ansehen Deutschlands in der Welt ramponiert. Am 8. und 9. April verhandelt der Internationale Gerichtshof, IGH, die Klage gegen Deutschland wegen Begünstigung von Völkermord. An der moralischen Hybris, mit der Deutschland in der Welt auftritt, hat dies bisher nichts geändert.

Von großer Unehrlichkeit getragen war nach Lafontaine auch die Auseinandersetzung mit der Forderung des Papstes nach Friedensverhandlungen im Ukraine-Konflikt. Von Deutschland geht weiterhin keine Initiative zur Beilegung des Konflikts aus. Stattdessen gibt es von deutschen Politikern die Forderung, den "Krieg nach Russland zu tragen" und die Legitimation ukrainischer Kriegsverbrechen. So behauptet die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock, Drohnenangriffe auf zivile Ziele in Moskau seien durch das Völkerrecht gedeckt. Fakt ist, dass die Politik der Bundesregierung den Krieg in der Ukraine verlängert und sich durch sie die Zahl der Opfer erhöht. Über diesen Zusammenhang wird in Deutschland kaum diskutiert. Wird auf ihn verwiesen, wird das Argument als russische Propaganda diskriminiert.

Lafontaine bettet den Ukraine-Konflikt in seinen historischen Kontext ein. Etwas, das zu tun man sich in Deutschland inzwischen verweigert. Der Konflikt hat seine Ursache in der Erweiterung der NATO. Lafontaine verweist auf auch ihm gegenüber gemachte Zusagen, die NATO werde sich nicht nach Osten ausdehnen.

"Die NATO-Osterweiterung, also das Vorrücken militärischer Einrichtungen der USA an die Grenzen Russlands, haben Gorbatschow, Jelzin und Putin unisono als mit den Sicherheitsinteressen Russlands unvereinbar abgelehnt, und die USA hatten in Person ihres damaligen Außenministers James Baker versprochen, die NATO nicht über die Grenzen Deutschlands auszuweiten. 'Not an inch', so wörtlich auch mir gegenüber, als ich ihn 1990 als Kanzlerkandidat der SPD besuchte."

Lafontaine zeichnet die Eskalation des Konflikts durch die USA und den Westen nach. Damit weist er nach, dass die von deutschen Politikern und in deutschen Medien verbreitete Formel "vom unprovozierten russischen Angriffskrieg eine schamlose Kriegslüge ist".

Lafontaine ruft abschließend zu gesundem Misstrauen gegen Medien und Politik auf. Es brauche die Überprüfung und parallele Quellen.

"Täglich erleben wir: Im Krieg ist die Wahrheit immer und überall das erste Opfer. Aber nur, wenn wir die Suche nach der Wahrheit fortsetzen, wenn wir Lügen und Kriegspropaganda entlarven und wahrhaftig bleiben, haben wir eine Chance, den Frieden zu finden."

Er macht mit dieser Verschiebung der Verantwortung auf den Medienkonsumenten auch deutlich, dass er nicht die Hoffnung hat, dass von der Bundesregierung in nächster Zeit Zeichen des Umsteuerns und der Kurskorrektur zu erwarten wären.

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