Deutsche Stahlproduktion fällt auf niedrigsten Stand seit der Finanzmarktkrise 2009

Schlechte Nachrichten aus der deutschen Stahlindustrie: Im vergangenen Jahr ist die Produktion von Stahl teilweise dramatisch eingebrochen und auf einen langjährigen Tiefststand gesunken. Die Ursachen für den Rückgang sind im wesentlichen hausgemacht.

Im vergangenen Jahr wurden 35,4 Millionen Tonnen Stahl in Deutschland produziert, was einem Rückgang um 3,9 Prozent im Vergleich zu 2022 bedeutet. Dies teilte die Wirtschaftsvereinigung Stahl am Dienstag in Berlin mit, wie die Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) mit Bezug auf die dpa berichten. So wenig Stahl wurde in Deutschland seit der Finanzmarktkrise 2009 nicht mehr produziert. Allerdings konnte in den Jahren nach 2008/9 der rezessionsbedingte Rückgang wieder relativ schnell wettgemacht werden. Im Gegensatz zur Erholung der Stahlindustrie vor 15 Jahren dauert die aktuelle negative Entwicklung nun seit Anfang 2022 an.

Deutsche Stahlindustrie in sehr ernster Lage

Zu schaffen macht den deutschen Stahlerzeugern die Kombination zweier Faktoren: Die schwache Nachfrage werde durch hohe, nicht wettbewerbsfähige Strompreise zusätzlich belastet, wie der Industrieverband erklärte. Kerstin Maria Rippel, Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl, sagte dazu:

"Die Jahresbilanz der Stahlproduktion in Deutschland zeigt deutlich, dass die Lage für die Stahlindustrie (...) sehr ernst ist."

In ihrem Appell an die Regierung unterstrich Rippel, besonders bei den hohen Stromkosten bestehe dringender politischer Handlungsbedarf.

Sie führte weiter aus, dass seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds zudem die Finanzierung der angestrebten Klimaneutralität infrage stehe. Rippel fordert ein klares politisches Konzept, macht sich allerdings auch das Konzept einer CO2-freien Produktion zu eigen:

"Das ist ein zentraler Baustein, um die Transformation der Stahlindustrie und die Dekarbonisierung unseres Landes insgesamt weiter voranzubringen."

Gravierender Einbruch bei der Elektrostahlerzeugung

Wie der Verband weiter mitteilte, sei ein besonders dramatischer Rückgang bei der Erzeugung von Elektrostahl zu verzeichnen gewesen. In diesem Bereich sei die Produktion im Vergleich zum Vorjahr um beinahe elf Prozent auf 9,8 Millionen Tonnen gesunken. Damit seit sogar der Tiefpunkt in der Finanzmarktkrise von 2008/9 unterschritten worden, als immerhin noch 11,3 Millionen Tonnen erzeugt wurden.

Elektrostahl gilt als ein besonders hochwertiger Stahl, der mithilfe eines Elektroofens aus eingeschmolzenem Schrott hergestellt wird. Dieses Produktionsverfahrens ist laut der Wirtschaftsvereinigung äußerst stromintensiv und daher in besonderem Maße von den stark steigenden Energiepreisen betroffen.

Im Vergleich dazu habe sich die klassische Hochofen-Produktion lediglich stabilisiert, dies aber auch nur auf einem äußerst niedrigen Niveau, so die DWN.

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