Für das Jahr 2024 ist ein milliardenschweres Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu erwarten, wie das Handelsblatt am Donnerstag berichtet.
Neue Rekordbeiträge stehen bevor
Dieses könne sich "eher am oberen als am unteren Ende der befürchteten Skala bewegen", alarmiert Anne Klemm, Vorstandsmitglied des Dachverbands der Betriebskrankenkassen (BKK). Dafür könnten auch die kaum kalkulierbaren Kosten für diverse Reformen, unter anderem des derzeitigen Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD), verantwortlich sein.
Derzeit veranschlagen die Krankenkassen ein Defizit zwischen 3,5 und 7 Milliarden Euro für das kommende Jahr 2024. Klemm betont jedoch, dass die Summe noch deutlich größer werden könne:
"Ich befürchte, dass wir dann eher bei sieben Milliarden Euro herauskommen werden."
Weiterhin entstehen "durch die Konjunktur und steigende Arbeitslosigkeiten große Risiken für die Einnahmen" der gesetzlichen Kassen.
Laut Prognosen der GKVs müsste der Zusatzbeitrag bei gesetzlich Versicherten demnach um 0,2 bis 0,4 Prozentpunkte steigen. Für Versicherte und deren Arbeitgeber würde dies eine Mehrbelastung von jeweils bis zu rund drei Milliarden Euro bedeuten.
Dass sich Beitragserhöhungen erneut abzeichnen, bezeichnete Klemm als "Bankrotterklärung der Bundesregierung". Dies stehe dem Versprechen entgegen, Unternehmen und Bürger zu entlasten. Sie meint:
"Wir befinden uns an einem Kipp-Punkt der Akzeptanz für das System. [...] Die Versicherten werden bei steigenden Beiträgen und wachsender Unzufriedenheit mit der Versorgung hinterfragen, wofür sie eigentlich mehr Geld zahlen."
Bereits in diesem Jahr stieg der durchschnittliche Zusatzbeitrag auf 1,6 Prozent. Hinzu kommt der allgemeine Beitragssatz von 14,6 Prozent auf den Bruttomonatslohn. Diese Belastung teilen sich die lohnabhängig Beschäftigten und deren Unternehmen.
Auch der gesetzliche Pflegebeitrag wurde auf ein Rekordhoch angehoben. Lauterbach hatte bereits im Juni angekündigt, dass Kassenpatienten im kommenden Jahr wahrscheinlich mehr zahlen müssten.
"Corona" wirkt nach
Die sogenannte "Corona-Krise" hat die Ausgaben im Gesundheitswesen explodieren lassen. Allein im Jahr 2021 stiegen diese laut dem Portal Versicherungsbote um ein Drittel an. Die Ausgaben der öffentlichen Haushalte kletterten um 31,3 Prozent oder 9,8 Milliarden Euro auf 40,9 Milliarden Euro, nachdem sie 2020 bereits um sage und schreibe 71,7 Prozent oder 13,0 Milliarden Euro gegenüber 2019 gestiegen waren. Der Anteil der öffentlichen Haushalte an den Gesundheitsausgaben kletterte in der Konsequenz von 4,4 Prozent im Jahr 2019, also noch vor Corona, auf 8,6 Prozent im Jahr 2021.
Der Bundeshaushalt steuerte über den Gesundheitsfonds 17,4 Milliarden Euro für die Ausgaben bedingt durch Corona bei. Wie das Statistische Bundesamt berichtet, wurden allerdings fast ein Drittel der Corona-Ausgaben im Gesundheitswesen allein für Tests aufgewendet. Darüber hinaus verzeichnete die soziale Pflegeversicherung den höchsten Anstieg der Ausgaben im Jahr 2021. Ihr Anteil an den gesamten Gesundheitsausgaben lag bei 10,9 Prozent. Gegenüber 2020 verzeichnete sie mit 9,5 Prozent oder 4,5 Milliarden Euro Wachstum – auf 51,7 Milliarden Euro – den stärksten Anstieg an Ausgaben nach den öffentlichen Haushalten. Ähnliches ist für die Auswertung des Jahres 2022 zu erwarten.
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